Markteilnehmer, Politiker und Zentralbanken akzeptieren zunehmend, dass die Zentralbanken fast keine Optionen mehr haben. Die Zentralbanken haben wenig Spielraum für Zinserhöhungen, und es setzt sich zunehmend die Erkenntnis durch, dass Negativzinsen nicht sinnvoll sind. Unkonventionelle Ansätze wie der Kauf von Unternehmensanleihen (EZB) und Aktien (BoJ) haben bisher keine wesentlichen Ergebnisse gezeigt. Konsumenten lassen sich über die Zentralbankenpolitik nicht zwingen mehr zu kaufen, und Unternehmen investieren auch bei diesen Niedrigstzinsen nicht zwingend mehr – im Gegenteil.
Paradigmenwechsel zur Reflationierung via Fiskalpolitik (mit oder ohne Krise)Wenn die aggregierte Nachfrage (Haushalte, Unternehmen, Staat) nicht steigt, die Banken restriktiver bei der Geldschöpfung agieren und strukturelle Gegenkräfte auf der Angebotsseite (technologischer Fortschritt, Automatisierung etc.) wirken, dann führt eine expansive Geldpolitik eben nicht automatisch zu erhöhtem Wirtschaftswachstum und auch nicht zu höherer Inflation.
Die finanzielle Repression experimenteller Notenbankpolitik hat das Insolvenzrisiko fast abgeschafft. Anreize für Investitionen und die Erhöhung der Produktivität wurden unterdrückt. Investitionen benötigen ein Gefühl der Berechenbarkeit. Wenn Firmen aber nicht wissen, wohin die Reise geht, werden Investitionen in produktive, unternehmerische Kapazitäten eher zurückgestellt und freie Mittel lieber in Aktienrückkäufe und dergleichen investiert. Wenn Zentralbanken übermäßig stark an den Finanzmärkten intervenieren, erhöht sich zudem das Risiko, diese Anlagen für private und institutionelle Anleger mittelfristig negativ zu beeinflussen. Der nächste Versuch, die Wirtschaft anzukurbeln oder eine mögliche Marktkrise abzuwenden, muss wahrscheinlich mittels fiskalischer Maßnahmen erfolgen.
Fiskalmaßnahmen und Schuldentragfähigkeit
Fiskalmaßnahmen führen zu höheren Staatsschulden und zu einem erhöhten Markt- und Kreditrisiko beim Besitz von Staatsanleihen. Das ungünstige Risiko-Rendite-Verhältnis von Staatsanleihen, die lediglich Renditen nahe Null bieten, dürfte Anleger in diesem Szenario davon abhalten, ihren Bestand an Staatsanleihen wesentlich aufzustocken.
Wenn es keine Käufer aus dem privaten Sektor gibt, können die Regierungen ihre Anleihen bei den Notenbanken platzieren. Höhere Staatsausgaben, die von den Zentralbanken finanziert werden, könnten zwar tatsächlich die Inflation anheizen, aber sie werden auch das Problem der Schuldentragfähigkeit verschärfen. Wenn die Investoren das Vertrauen verlieren, dass die Schulden jemals zurückgezahlt werden können, werden sie ihren Anleihebestand reduzieren und damit die Kosten für die Regierungen erhöhen oder aber die Notenbanken zu mehr Käufen zwingen.
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