Neuer Plansecur-Chef im Interview: „Ausufernde, unkoordinierte und überflüssige Bürokratie“

Foto: Plansecur
Plansecur-Geschäftsführer Heiko Hauser

Cash.-Interview mit dem neuen Plansecur-Geschäftsführer Heiko Hauser über die ESG-Abfragepflicht, die geplante Aktienrente und das Vertriebsjahr 2023.

Zunächst der Blick zurück: Wie ist das Vertriebsjahr 2022 für Ihr Unternehmen verlaufen? 

Hauser: Es ist uns gelungen, in einem Jahr überlappender Krisen Plansecur auf Erfolgskurs zu halten. Gerade angesichts zusehends unsicherer Zeiten steigt der Wunsch nach einer nachhaltigen, vertrauensvollen und langfristigen Finanzberatung von Mensch zu Mensch. Das kommt unserem Ansatz eines jahrelangen Vertrauensverhältnisses zwischen unseren Beratern und ihren Kunden zugute. Kurz gesagt: Vertrieblich sind wir mit dem Jahr 2022 sehr zufrieden.

Seit August müssen Finanzberaterinnen und Finanzberater ihre Kundinnen und Kunden auch zu deren Nachhaltigkeitspräferenzen befragen. Wie gut oder schlecht klappt das bisher in der Praxis, welche Rückmeldungen bekommen Sie? 

Hauser: Unsere Berater gehen mit ihren Kunden auch ohne gesetzliche Verpflichtung für den 34f-GewO-Bereich schon länger deren Nachhaltigkeitspräferenzen bei der Geldanlage durch. Wir haben hierzu eigens eine IT-Unterstützung entwickelt, damit alle ESG-Punkte bei der Beratung systematisch abgearbeitet werden. Das sind wir unseren Kunden, unseren Beratern und letztendlich unserer Umwelt schuldig. In der Praxis klappt das, nach allem, was ich höre, reibungslos. Viele Kunden erwarten geradezu, dass wir mit ihnen darüber reden, weil ihnen das Thema wichtig ist. Auf eine gesetzliche Pflicht, wie sie wahrscheinlich im März 2023 eintritt, fühlen wir uns deshalb bestens vorbereitet.

Mit etwas Verspätung kommt die Abfragepflicht im Frühjahr 2023 nun auch für 34f-Vermittlerinnen und Vermittler. Wie bewerten Sie das?

Hauser: Für unser Haus stellt das kein Problem dar, aber es ist ein typisches Beispiel für ausufernde, unkoordinierte und überflüssige Bürokratie. Ich will das einmal etwas ausführlicher und fachspezifisch darlegen. Auf jeden Fall hätte man konzertiert vorgehen sollen, und entweder die Anpassung der FinVermV rechtzeitig vornehmen müssen oder aber die Anwendung der Abfragepflicht komplett auf den März 2023 verschieben sollen. Durch diese zeitliche Verschiebung kommt es zwischendurch zu absurden Beratungsgesprächen, da die Abfragepflicht gesetzlich nur bei Versicherungsanlageprodukten der dritten Schicht besteht. Auf europäischer Ebene sehen wir einen Flickenteppich neuer regulatorischer Anforderungen, die nicht koordiniert und teilweise mit starkem zeitlichen Verzug in Kraft treten. Erwähnt seien die RTS („Regulatory Technical Standards“), die zum 1. Januar 2023 für die ersten beiden Umweltziele der Taxonomie-VO in Kraft treten, während sie für die übrigen vier Umweltziele weiterhin ausstehen. Es gibt zwar schon Entwürfe für eine Sozial- und Transitionstaxonomie, vor 2024 rechnen wir aber nicht mit einer Finalisierung. Jeder in der Branche weiß, dass ich diese Aufzählung von Absurditäten beinahe beliebig fortsetzen könnte.

Welche politischen Weichenstellungen erhoffen Sie sich 2023 mit Blick auf Ihre Branche? Die Bundesregierung ist beispielsweise dabei, die Aktienrente auf den Weg zu bringen. 

Hauser: Aktien stellen zweifelsohne eine gute Anlageform dar, vor allem als Aktienfonds, wenn man sich nicht zum Kreis der Spekulanten zählt. Wir motivieren unsere Kundschaft schon lange, in von uns zuvor sorgfältig selektierte Aktienfonds zu investieren, in der Regel in eine Mixtur aus mehreren Fonds, sofern das in die jeweilige finanzielle Gesamtsituation passt. Fondssparpläne sind häufig eine besonders gute Möglichkeit, von den langfristigen Entwicklung an der Börse zu profitieren. Aber ob es zielführend ist, die Menschen sozusagen gesetzlich zu zwingen, Aktionäre zu werden – und darauf läuft die Aktienrente letztlich hinaus – erscheint mir zumindest fraglich. Es gäbe eine Vielzahl besserer Alternativen, die Altersversorgung zu sichern, die auszuführen ein ganzes Buch füllen würde.

Mit welchen Erwartungen blicken Sie auf das Vertriebsjahr 2023, in dem uns wohl eine Rezession bevorsteht? Wie werden Kundinnen und Kunden darauf reagieren? 

Hauser: Eine aktuelle Umfrage von Plansecur hat ergeben, dass von unserer Kundschaft die Inflation als die derzeit größte Gefahr empfunden wird. Doch viele unserer Kunden haben sich, ebenso wie weite Teile der Gesellschaft, schon an überlappende Krisen gewöhnt. Die Frage, wie man sein Geld möglichst krisenfest anlegt, steht bereits seit dem Ausbruch von Corona im Frühjahr 2020 im Mittelpunkt vieler Beratungsgespräche. Das hat sich mit den weltweiten Lieferengpässen, dem Einmarsch Russlands in die Ukraine und der Energiekrise mit den jeweiligen Folgen natürlich nicht geändert. Eine mögliche Rezession stellt in dieser mittlerweile leider recht langen Liste leider nur einen weiteren Punkt dar. Es ist daher zu erwarten, dass weiterhin ein wachsender Beratungsbedarf im Markt besteht. Mit unserer qualifizierten Beratung und der  großen Bandbreite an Finanzprodukten fühlen wir uns bestens aufgestellt, diesen zu bedienen.

Die Fragen stellte Kim Brodtmann, Cash.

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