Herr Schiffels, was sind die Ziele der neu gegründeten Marktinitiative „Neuer Renditestandard“?
Schiffels: Die Marktinitiative hat das ganz klare Ziel, Verbraucherinnen und Verbrauchern die Entscheidung für ihre individuell passende Altersvorsorge zu erleichtern und vor diesem Hintergrund alle Marktteilnehmer zusammenzubringen. Das geschieht über den Neuen Renditestandard, der Renditepotenziale transparent und vergleichbar darstellt sowie über die Plattform „renditestandard.de“, die die Marktteilnehmer zusammenbringt.
Der Neue Renditestandard bietet ein einheitliches Verfahren, Renditepotenziale zu ermitteln und einheitliche Kenngrößen, um diese auszuweisen. Und das in „Echtzeit“ – also für jeden Vorsorgebedarf und jeden Tarif individuell. Das macht die realistisch zu erwartenden Renten transparent und vergleichbar und das für jede Kundensituation.
Jedes Mitglied der Marktinitiative leistet dabei seinen spezifischen Beitrag. Versicherungsgesellschaften bekennen sich zu der einheitlichen Simulation ihrer Tarife und der Darstellung von deren Renditepotenzialen in Form von einheitlichen Kenngrößen. Vergleichs- und Analyseanbieter zeigen diese in ihrer Vergleichssoftware, und Finanzvertriebe und Vermittler nutzen diese in der Altersvorsorgeberatung.
Haben Sie einen Überblick, wie viele unterschiedliche Rendite- beziehungsweise Hochrechnungsmodelle derzeit am Markt konkurrieren? Und warum benutzt – gefühlt – jede Gesellschaft ihr eigenes Modell?
Schiffels: Neben der alten deterministischen Hochrechnung gibt es seit ein paar Jahren die GDV-Methode, die alle „Töpfe“ mit der gleichen Wertentwicklung ansetzt und natürlich die PIA- und PRIIP-Hochrechnungen. Unterhalb der Modell-Ebene bestehen jedoch weitere Unterschiede in der Herangehensweise. Um nur einige Beispiele zu nennen: Verwendung von Brutto oder Nettowerten, unterschiedliche Wertentwicklung des Garantiefonds, Verwendung unterschiedlicher Fonds in den Fondslisten oder stark vereinfachte Hochrechnungen der Indextarife. Warum jede Gesellschaft ihr eigenes Modell verwendet? Da kann man nur mutmaßen. Aber sicherlich spielen hierbei auch vertriebliche Aspekte eine Rolle.
All das schadet am Ende der Reputation der Rentenversicherung und stellt für Verbraucherinnen und Verbraucher eine enorme Hürde dar, sich vertrauensvoll den Lösungen des Versicherungsmarkts zu zuwenden, wenn es um das Thema Altersvorsorge geht. Das möchten wir mit der Marktinitiative ändern, denn die private Rentenversicherung ist nach wie vor ein bedeutender Baustein im Spektrum der Altersvorsorge.
Sie haben am 26. Januar die neue Marktinitiative vorgestellt. Von wem stammt die Idee?
Schiffels: Es ist bereits über die Zeit, sich gemeinsam für die einheitliche Simulation und Darstellung von Renditepotenzialen einzusetzen. Verbraucherinnen und Verbraucher sind beim Thema Altersvorsorge verständlicherweise oft überfordert. Es geht darum, die Vorsorge fürs Alter im Bereich Versicherungen wieder nachhaltig zugänglich zu machen. Das Thema bewegt die ganze Branche. Die Idee der Initiative ist im Austausch mit vielen Marktteilnehmern im vergangenen Jahr gereift und wir waren sofort dabei.
Morgen & Morgen hat bereits vor über zehn Jahren mit dem Volatium Modell ein mathematisches Verfahren entwickelt, das Renditepotenziale mit Hilfe von stochastischen Hochrechnungen realistisch abbilden kann. Dieses Modell trägt. Da es unser Anspruch ist, den Markt stets in seiner Weiterentwicklung zu unterstützen und uns dafür stark zu machen, dass Transparenz die Grundlage jeder wichtigen Entscheidung ist, freuen wir uns, mit der Bereitstellung des Volatium Modells einen wesentlichen Beitrag zum Fortschritt und zum Verbinden von Marktteilnehmern im Rahmen der Marktinitiative leisten können.
Was macht Sie sicher, dass sich andere Versicherer und Vertriebspartner anschließen werden? Und gibt es in dem Zusammenhang schon Gespräche mit weiteren Interessenten?
Schiffels: Die vielen Gespräche machen uns sicher, dass der Bedarf im gesamten Markt sehr hoch ist. Wir sind davon überzeugt, dass sich zeitnah weitere Versicherer und Vertriebspartner der Marktinitiative anschließen werden. Unheimlich positiv überrascht haben uns die etlichen Anfragen von Vermittlern, die sich innerhalb der letzten Tage über die Plattform „renditestandard.de“ zur Mitgliedschaft angemeldet haben. Das zeigt, dass hier der Druck sehr hoch ist.
Bislang sind nur vier Lebensversicherer mit an Bord. Das sind gerade einmal 1/20 oder fünf Prozent des gesamten Marktes. Lässt sich hieraus wirklich der Anspruch einer „Marktinitiative“ ableiten? Sind die Ziele nicht sehr hoch gesteckt?
Schiffels: Der Neue Renditestandard als nachhaltige Entscheidungshilfe in der Altersvorsorge für Verbraucherinnen und Verbraucher ist unser Anspruch. Der Weg kann nur gemeinsam beschritten werden. Daher haben wir Gründungsmitglieder uns bereits frühzeitig für eine Marktinitiative entschieden, um alle Teilnehmer zu diesem Zweck zusammenbringen zu können. Sie haben Recht, bisher sind es noch wenige Versicherer. Wir sind uns sicher, es werden mehr. Hoffen aber auch stark, dass wir als Branche das Stigma der Schwerfälligkeit überwinden und die aktuelle Dynamik beibehalten. Es liegt jetzt an jedem Marktteilnehmer selbst. Die Initiative ist offen für alle.
Jung, DMS & Cie. ist seit einigen Wochen ihre Mutter. Insofern verwundert es eher nicht, das JDC einer der Mitbegründer der Marktinitiative ist. Schaut man allerdings auf die letztjährige Hitliste der Maklerpools, die das Cash. Magazin Mitte August vergangenen Jahres veröffentlicht hat, zeigt sich, dass es rund 20 weitere und wichtige Pools gibt, die aktuell noch nicht mitmachen. Wollen Sie die auch überzeugen? Und wenn ja, wie?
Schiffels: Wir glauben nicht, dass wir jemanden überzeugen müssen. Das ist auch nicht das Anliegen der Initiative. Der Vorteil liegt auf der Hand und zwar für alle Marktteilnehmer. Gerade im Vertrieb kann es nur von Vorteil sein, wenn belastbare und vergleichbare Aussagen zu den Renditeerwartungen von Altersvorsorgeprodukten herangezogen werden können. Das macht die Beratung doch erst nachhaltig und verständlich. Außerdem geht sie dann auch auf die rechtlichen Anforderungen ein. Jeder Pool kann den Service zur individuellen Berechnung von Renditeerwartungen nutzen und seinen Mitgliedern zur Verfügung stellen. Einige tun dies bereits und haben ihr Interesse an der Marktinitiative bekundet. Es wäre der Marktinitiative zu wünschen, dass wir uns nicht in Partikularinteressen verlieren, sondern gemeinsam etwas Großes in Richtung Verbraucher schaffen und damit auch der Altersvorsorge wieder ein verlässliches Gesicht ermöglichen.
Es gibt neben Morgen & Morgen noch drei oder vier relevante Analysehäuser am Markt. Wäre es nicht sinnvoll gewesen, dass sich diese Teilnehmer zusammensetzen und einen einheitlichen Renditestandard verabreden? TÜV und Dekra sind ja auch eigenständige Unternehmen. Die Standards bei den Kfz-Checks sind allerdings nahezu identisch.
Schiffels: Als First Mover unter den Analysehäusern, was die stochastischen Hochrechnungen von Renditepotenzialen angeht, haben wir bereits vor über zehn Jahren gemeinsam mit Versicherern und Vertrieben ein Modell entwickelt und stetig weiterentwickelt, das im Beratungsalltag trägt. Da wir als einziges Analysehaus routinemäßig eine Nachkalkulation aller Tarife der Lebensversicherer durchführen, können wir die echten Tarifdaten zur stochastischen Simulation heranziehen und damit die Renditepotenziale berechnungsindividuell darstellen. Andere Vergleicher und Analysehäuser können das in dieser Form nicht. Das wurde uns erst kürzlich wieder bestätigt. Jedem Vergleicher steht es aber offen, diesen Standard ebenfalls zu nutzen und über seine Tools zur Verfügung zu stellen. So hat es unlängst Softfair umgesetzt und zeigt nun ebenfalls die Renditeerwartungen entsprechend des Volatium-Verfahrens in dem eigenen Vergleichsprogramm.
Im Rahmen der Initiative wurde auch die Plattform „renditestandard.de“ etabliert. Was soll diese Plattform leisten und wer ist die Zielgruppe. Endkunden oder Vermittler? Inwieweit sollen Vermittler bzw. Vertrieb hier eingebunden werden?
Schiffels: Die Zielgruppe der Plattform sind Verbraucherinnen und Verbraucher, der Zweck der Plattform ist es, alle Marktteilnehmer zusammenzubringen.
Die Plattform soll Verbraucherinnen und Verbrauchern den Zugang zu einer individuell passenden Altersvorsorge erleichtern. Zu diesem Zweck stellen die Marktteilnehmer, die sich der Marktinitiative anschließen, ihre Informationen und den Zugang zu ihren Services gebündelt auf der Plattform zur Verfügung.
Interessierten Verbraucherinnen und Verbrauchern ermöglicht der integrierte Profiler, ihr individuelles Chance-Risiko-Profil zu ermitteln und damit genau zu wissen, aus welcher Chance-Risiko-Klasse die Tarife stammen sollten, die zu dem eigenen Profil passen. Die Plattform ist noch im Wachstum und wird in den nächsten Tagen auch die Kontaktaufnahme zu angeschlossenen Vermittlern ermöglichen.
Das Interview führte Jörg Droste, Cash.