Noch mehr geldpolitischer Dampf gegen neue Deflationssorgen

Wo bleiben die industriellen Alternativen und Infrastruktur- bzw. Digitalisierungsoffensiven, um die wirtschaftliche Zukunft zu gewinnen? Mit Verlaub, der Zerfall des deutschen Wirtschaftsstandorts lässt sich auch daran ablesen, dass die Bundesverteidigungsministerin mehr Kinder als einsatzfähige Flugzeuge hat.

Diese weltwirtschaftspolitische Verunsicherung verschreckt Unternehmen wie Plastik-Raben die Tauben. Die deutsche Industrie steckt laut dem ifo Institut bereits in der Rezession. Aber auch weltweit zieht es die Frühindikatoren deutlich nach unten.

 

 

Gemäß Preiserwartungen nähern wir uns tatsächlich einem Desinflationsszenario.

 

 

Welche konjunkturellen Lustgewinne versprechen die neuen geldpolitischen Freuden? Panisch stellen sich die Notenbanker auf einen Weltwirtschaftsabschwung ein. Sie müssen sozusagen als Anti-Trump auftreten. Die Fed wird in diesem Jahr noch die Zinsen senken. Und da sich Peking als Vergeltung für amerikanische Sanktionen massiv von US-Staatspapieren trennt, ist auch seitens der Liquiditätspolitik noch nicht aller Tage Abend.

Obwohl die EZB ihren Krisenmodus seit 2009 nie aufgegeben hat, denkt sie über weitere geldpolitische Lockerungen nach, auch um den Euro zur „Freude“ Trumps möglichst exportfreundlich zu halten. Mit der zuletzt gezeigten Vehemenz von Notenbankchef Drahi ist das keine Option mehr, sondern ein Versprechen. Obwohl die Leitzinsen bereits auf null stehen, ist das Ende der Fahnenstange noch nicht erreicht. Ein noch tieferer Einlagenzinssatz für Banken – aktuell minus 0,4 – würde aber die ohnehin schwache Profitabilität der Euro-Banken zusätzlich belasten.

Der Kapitalmarkt setzt auf die Wiederaufnahme des Anleihenaufprogramms. Tatsächlich befinden sich die Renditen von Staatsanleihen im heftigen Sinkflug. In Europa liegen sie mehrheitlich auf neuen historischen Tiefständen.

 

 

Aber wirkt das noch billigere Geld wirklich konjunkturstützend bzw. deflationsbekämpfend? Doch was nutzt privaten Investoren fast geschenktes Geld, wenn kaum (wirtschafts-)politische Planungssicherheit gegeben ist und damit die Renditeaussichten der Investitionen nebulös sind. Niemand baut ein Haus auf sandigem Untergrund.

Zur Wirtschaftsförderung bleiben dann nur noch stattliche Ausgaben, also Schulden. Ich bin mir sicher, dass das Deflationsgespenst als bedeutendes Alibi verwendet wird, die europäischen Schuldenkriterien vielleicht ganz zu schleifen. Es ist zu hoffen, dass dann neue Staatsschulden auch der Infrastruktur und Wettbewerbsverbesserung zugutekommen.

Insgesamt haben die Börsen ein Déjà-vu. Die Liquiditätshausse ist wieder da. Der zinsseitige Anlagenotstand sorgt für inflationäre, nicht deflationäre Aktienmärkte. In diesem Zusammenhang ist auch gegen Gold nichts einzuwenden.

Liebe Anlegerinnen und Anleger, grämen wir uns nicht über die Politik. Setzen wir auf Sachkapital.

Robert Halver leitet die Kapitalmarktanalyse bei der Baader Bank. Mit Wertpapieranalyse und Anlagestrategien beschäftigt er sich seit Abschluss seines betriebswirtschaftlichen Studiums 1990. Halver verfügt über langjährige Erfahrung als Kapitalmarkt- und Börsenkommentator. Er ist aus Funk und Fernsehen bekannt und schreibt regelmäßig für Cash.

Foto: Baader Bank

 

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