Doch bisher breiten sich automatisierte Geldanlagen im Internet nur langsam in Deutschland aus. Die sogenannten Roboter-Plattformen, bei denen Anleger Geld in Fonds-Portfolios investieren können, stoßen auf weniger Andrang als erwartet, wie Zahlen der Unternehmensberatung Oliver Wyman zeigen. Zwar hat sich das verwaltete Vermögen in Geldanlage-Robotern im vergangenen Jahr mehr als verdoppelt – auf 2,8 Milliarden Euro. Damit blieb der deutsche Markt aber deutlich hinter den Erwartungen zurück, bei Oliver Wyman hatte man mit drei bis vier Milliarden Euro gerechnet. Bei den Robotern geben Sparer an, welche Anlagezeiträume und Risikoneigung sie haben. Danach schlägt ein Computer ein Standardportfolio vor – meist aus Indexfonds (ETFs) auf Aktien, Anleihen oder Immobilien. Die Unternehmen werben mit vier bis sechs Prozent Rendite pro Jahr, bei Gebühren von 0,5 bis ein Prozent.
Für Smart-Insurtech-Vorstand Marcus Rex beruht die langsame Ausbreitung auf unterschiedlichen Gründen: „Zum einen sind Kunden bei der ‚anonymen‘ Geldanlage im Internet noch skeptisch. Im Schnitt vertrauen sie eher ihrem persönlichen Bankberater. Das Niedrigzinsumfeld tut sein Übriges.“ Das Vertrauen in Geldanlageprodukte sei erodiert. „Früher haben die Deutschen auch keine Aktien gekauft, sie hatten schon immer eine Aversion dagegen. Warum sollen sie jetzt auf einmal das Geld in einer anderen Form in Aktien anlegen, also durch Robo-Techs?“, ergänzt Frank-Michael Sutor vom Fintech StartMark, das Security Token anbietet, über die Anleger in ein Portfolio von Start-up-Unternehmen investieren können. „Diese Einstellung muss sich aber ändern“, betont er. „Aufgrund der Nullzinspolitik haben sich Tagesgeld und Sparbuch wohl erledigt, die Leute müssen also umschwenken.“
Persönliche Beratung weiter gefragt
In der Finanzdienstleistungsbranche rechnet kaum jemand damit, dass die Robos den persönlichen Vertrieb komplett verdrängen werden. Dass wohl auch noch in zehn Jahren der Großteil der Menschen in Deutschland auf Vermittler und nicht auf Robo-Advisor vertrauen wird, zeigt auch eine repräsentative Umfrage des Marktforschungsinstituts YouGov im Auftrag von Canada Life. Diese untersuchte, wie sich Menschen in Deutschland, Irland, Kanada und den USA das Beratungs- und Abschlussszenario im Jahr 2029 vorstellen. In der Umfrage wurden die Befragten vor die Wahl gestellt, ob sie in der Altersvorsorge-Beratung den Vermittler oder einen Sprachassistenten bevorzugen würden.
Die meisten Befragten in Deutschland setzen demnach auch in Zukunft auf den Versicherungsvermittler. Mehr als ein Viertel würde ihn sogar ausschließlich wählen, 33 Prozent partiell. Für Hubertus Schmidt, Geschäftsführer des Softwareentwicklers Finanzportal24, sind hybride Beratungsmodelle die richtigen. „Je tragweiter eine Entscheidung beim Kunden ist, umso eher ist ein Berater in der Lage, die Entscheidung vorzubereiten und zum Abschluss zu bringen.“ Ein Markt für persönliche Finanzberatung scheint also auch im digitalen Zeitalter vorhanden zu sein – auch wenn er schrumpfen wird. (kb)
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