Sutor: Früher haben die Deutschen auch keine Aktien gekauft, sie hatten schon immer eine Aversion dagegen. Warum sollen sie jetzt auf einmal das Geld in einer anderen Form in Aktien anlegen, also durch Robo-Techs? Diese Einstellung muss sich aber ändern. Aufgrund der Nullzinspolitik haben sich Tagesgeld und Sparbuch wohl erledigt, die Leute müssen also umschwenken.
Sind die Vermittler dem Thema Robo Advice gegenüber aufgeschlossen oder überwiegt da noch die Skepsis?
Labbow: Es gibt immer Menschen, die sagen: So was geht gar nicht. Ich glaube aber, dass unsere Vermittler dem Thema Robo Advice sehr aufgeschlossen gegenüberstehen. Viele haben in der Vergangenheit Kunden an Onlinedienste verloren, also ihren persönlichen Leidensdruck erfahren. Dass man sich in der digitalen Welt dieser Hilfsmittel annehmen muss, um die Kunden zu sichern, ist unseren erfolgreichen Partnern klar.
Befürchten Sie einen Verdrängungswettbewerb zulasten des persönlichen Vertriebs durch Robo Advisor?
Rex: Statt einer vollständigen Verdrängung wird eine Verschiebung nach Produktarten stattfinden. Für einfache Produkte wird keine persönliche Beratung notwendig sein. Zudem halten Plattformen eine Vielzahl an Daten bereit, die schnelle Vergleichbarkeit auf einen Klick ermöglichen. Bei komplexen Produkten wie der Altersvorsorge ist die persönliche Beratung angesichts der Informationsflut und Komplexität wichtiger denn je. Robo Advise bietet für Berater die Chance, ihre Prozesse zu automatisieren und von einer guten Datenqualität zu profitieren. So können sie mehr Kunden bedienen und zugleich mehr Zeit für die Beratung zu komplexen Produkten aufwenden.
Glanz: Die Kunst ist es, das Einfühlungsvermögen und den Sachverstand von Finanzberatern mit künstlicher Intelligenz zu verbinden und das Ergebnis in den Dienst der Kunden zu stellen.
Wie sieht denn für Sie nach dem, was wir hier heute besprochen haben, die ideale Finanzberatung der Zukunft aus?
Rex: Mein Idealbild ist die Verbindung von Technologie mit der Empathie und Herzlichkeit, die der persönlichen Beratung innewohnt. Die ideale Beratung der Zukunft wird durch künstliche Intelligenz und Robo Advise gestützt, setzt auf Datenanalyse auf und versucht, einen breiten Produktzugang für die Berater und deren Kunden sicherzustellen. Die ganzheitliche technologische Basis macht Prozesse effizient und befreit den Berater von administrativem Ballast. Er kann seinem Kunden im Rahmen einer durch Vertrauen geprägten Lebensbegleitung zum richtigen Zeitpunkt die richtigen Produkte anbieten und ihm den individuell passenden Versicherungsschutz für jede Lebenslage zusammenstellen.
Grabmaier: Als Kunde hätte ich gern ein Financial Home, eine Stelle meines Vertrauens, die all meine Finanzangelegenheiten regelt, egal ob es ein Wertpapier ist oder eine Versicherung, und die mir einen umfänglichen Schutz bietet. Es wäre mein Wunsch, dass alles an einer Stelle zusammenkommt, dass es transparent und übersichtlich ist und dass ich einen Kümmerer habe, der meine Belange aktiv für mich managt.
Neumann: Das Stichwort Financial Home ist genau richtig. Man muss den Kunden sein ganzes Leben lang begleiten, am besten über die verschiedenen Möglichkeiten, die man als Vermittler hat. Dabei sollte man eine Symbiose zwischen on- und offline schaffen und dem Kunden nicht nur deshalb Angebote generieren, weil man vertriebsgesteuert ist und es gerade das Produkt XY zu vertreiben gilt. Man muss die Bedürfnisse des Kunden im Blick haben und diese bedienen können, auch mithilfe von Robo Advisorn, mit künstlicher Intelligenz. Diese digitalen Hilfsmittel gilt es nicht zu verteufeln, sondern für sich zu nutzen, um den Kunden nicht an Online-Portale zu verlieren.
Gentz: Wir müssen den Berater wieder zum Berater machen, indem wir ihm die Tools an die Hand geben, die den Arbeitsalltag erleichtern und die er gern nutzt. Auch der Kunde muss Spaß daran haben, sich mit seiner Finanzsituation auseinanderzusetzen. Dann haben alle Parteien was davon. Aus technischer Sicht wünsche ich mir viel mehr Schnittstellen über verschiedene Systeme hinweg. Denn das ist neben automatisierten Prozessen die große Chance, die ich in der Digitalisierung sehe. Die Systeme müssen miteinander sprechen können. Da sind andere Branchen schon viel weiter. In der Finanzbranche sehe ich da immer noch viele abgekapselte Insellösungen, die nicht miteinander sprechen können oder wollen. Es öffnet sich nur langsam, aber da sehe ich großes Potenzial. Und das kann gern als Appell an alle gesehen werden, das auch umzusetzen.
Schmidt: Das sehe ich genauso. Es gibt eine Menge ganz hervorragender Expertensysteme, die man mittels Schnittstelle relativ leicht und mit begrenztem Aufwand einbinden kann. Das würde Maklern Medienbrüche und doppelte Dateneingaben ersparen. So schafft man Grundlagen, die ein Berater gern nutzt. Für mich sind hybride Modelle die richtigen. Je tragweiter eine Entscheidung beim Kunden ist, umso eher ist ein Berater in der Lage, die Entscheidung vorzubereiten und zum Abschluss zu bringen.
Labbow: Im Versicherungssegment sehe ich es so, dass Mensch und Technik im Einklang arbeiten sollten. Die Technik bedient vereinfachte Prozesse, Zeitersparnis bis hin zum Onlineabschluss, der bestenfalls über den Bestandsmakler gelabelt ist, der Mensch ist der Ansprechpartner und Beziehungsmanager. Sowohl dem Makler als auch dem Kunden wird viel abgenommen und beide schöpfen weiterhin aus den vielen Produktmöglichkeiten des Marktes.
Seite acht: „Wer an seiner Qualifikation arbeitet, der wird auch nicht arbeitslos werden“