Ein wichtiger Bestandteil unserer Unternehmensanalyse ist es, die Menschen hinter den Unternehmen kennenzulernen, um deren Visionen, Ambitionen und Strategien nachvollziehen zu können. Hierfür sind unsere Unternehmensbesuche unverzichtbar.
Nach den Einschränkungen durch die Pandemie konnten wir diese Besuche 2022 wieder aufnehmen. Nun sind zu Beginn des neuen Jahres Alexander Funk, Leiter des Portfoliomanagements, und der Finanzanalyst Dominik Salecki sowie Silvio Schmidt und Manuel Voßwinkel aus dem Nachhaltigkeits-Research nach Bangkok und Manila gereist, um dort bestimmte Unternehmen und die Menschen dahinter intensiver kennenzulernen und in den persönlichen Austausch zu gehen.
Auf Tuchfühlung vor Ort
Neben dem Ziel, die Desktop-Analyse mit dem Eindruck vor Ort abzugleichen, diente die Reise vor allem dazu, unseren getrennten Investmentansatz und die Strenge und Konsequenz unserer Kriterien zu verdeutlichen, auf unsere Anforderungen hinzuweisen und auf diese Weise bei den Unternehmen Engagement zu betreiben. Für einige der Unternehmen waren wir dabei die ersten Investoren überhaupt, die über Nachhaltigkeitsthemen sprechen wollten.
Überwiegend befinden sich die besuchten Unternehmen schon länger in den Universen der ÖKOWORLD-Fonds, teilweise bereits seit über fünfzehn Jahren. Doch der Besuch diente insbesondere auch dazu, neue, noch nicht aufgenommene Unternehmen näher zu beleuchten.
Grüner verpackt
Mit SCG Packaging, Hersteller von Verpackungsmaterialien insbesondere für Konsumgüter, sprachen wir über den Ausbau grünerer Verpackungen sowie den Einsatz von Recyclingmaterialien. So nutzt SCG für 95 Prozent der Papier- und Kartonverpackungen Sekundärmaterialien. Und mehr als 99 Prozent aller Verpackungen sind recycelbar, kompostierbar oder wiederverwendbar.
Elektrifizierung von Fahrzeugen
Unternehmen, die Komponenten für die Elektrifizierung von Fahrzeugen liefern, profitieren von der steigenden Nachfrage. Richard Han, Gründer und CEO von Hana Microelectronics, setzt für seine Wachstumsstory auf die Entwicklung und Fertigung von Produkten auf Basis von Siliziumcarbid (SiC). Diese ermöglichen kürzere Ladezeiten von EV-Batterien. Auch Aapico Hitech, Auftragsfertiger für Automobilkomponenten und Delta Electronics, Hersteller vor allem von Netzteilen sowie von Lüftern, Filtern und Magnetspulen haben zunehmend Produkte für E-Fahrzeuge im Portfolio. Delta will seinen Umsatzanteil mit grüneren Produkten auf 30 Prozent erhöhen.
Plug & Play-Solaranlagen für privat und Kleingewerbe
Singer Thailand ist eine führende Handelskette für Haushaltsgeräte in Thailand. Im Aufbau ist der Verkauf von Plug & Play-Solaranlagen. Zielgruppe sind kleine Geschäfte und Privathaushalte. Im nächsten Schritt will Singer solar-betriebene Klimageräte anbieten. Immerhin verkauft das Unternehmen jährlich 20.000 bis 30.000 Klimageräte. Hinterfragt haben wir den Verkauf von Zapfsäulenanlagen für Benzin. CEO Kittipong Kanokvilairat erläuterte uns, dass diese vor allem an Kleinstunternehmer verkauft werden, die damit die zahlreichen Motorroller in Bangkok bedienen und sich ein kleines Einkommen schaffen.
Öffentlicher Nahverkehr
Motorroller gehören zum Stadtbild von Bangkok genauso wie die Hochbahnen der BTS Group. Von der Verlässlichkeit, Pünktlichkeit und Sauberkeit der Bahnen konnten wir uns bei unseren Fahrten überzeugen. Gegenüber den chronisch verstopften Straßen Bangkoks bietet BTS die vielfach schnellere Alternative zur Taxifahrt. Beim Management haben wir das Thema Tarifvergünstigungen für bestimmte Gruppen angesprochen.
Die chronische Überlastung der Hauptverkehrstraßen ist das eine, hinzukommen Luftverschmutzung und Treibhausgasemissionen durch die vielen, mit fossilen Treibstoffen betriebenen Fahrzeuge vom Bus, Pkw über Roller und Tuktuk. Energy Absolute setzt auf die Elektrifizierung des Busnetzes in Bangkok. Das Unternehmen baut derzeit eine eigene Fertigung für E-Busse und Batterien auf und hat sich Lizenzen für etliche Busrouten gesichert.
Medizinische Versorgung
Bei Krankenhausbetreibern wie der Bangkok Dusit Medical Group (BDMS), Thonburi Healthcare Group und Chularat Hospital war uns insbesondere wichtig, inwieweit die Dienstleistungen auch für Patienten aus den Sozialversicherungssystemen zugänglich sind. Alle Häuser bieten vor allem medizinische Zusatzleistungen über die staatliche Grundversorgung hinaus, die als Selbstzahler oder über eine Zusatz- beziehungsweise betriebliche Versicherung bezahlt werden.
Happiness in Thailand
Die von uns in Bangkok besuchten Unternehmen waren durchweg gut auf unsere Themen vorbereitet. Ziele, Ansätze und Umsetzung konnten uns in den meisten Gesprächen überzeugen. Und wir haben verstanden, dass Happiness in Thailand ganz wesentlich ist. Vielen der Unternehmen ist es wichtig, einen Beitrag zur Entwicklung Thailands zu leisten, der Gesellschaft etwas zurückzugeben. So gesehen sind auch wir ganz happy weitergereist. Unser nächstes Ziel, Metro Manila, die Metropolregion um die Hauptstadt der Philippinen, Manila.
Next Stop Manila – Telekommunikation, Immobilien, Finanzdienstleistungen, Energie und Wasserversorgung
In Manila haben wir mit Unternehmen aus den Bereichen Telekommunikation, Immobilien, Finanzdienstleistungen, Energie und Wasserversorgung gesprochen. Die Wirtschaft des Landes ist geprägt durch seine Konglomerate, im Besitz einzelner Familien befindlicher und diversifizierter Beteiligungsgesellschaften. Dies hatte den ganz praktischen Vorteil, dass wir teilweise in einem Gebäude mehrere Unternehmen sprechen konnten. Es hat uns gleichzeitig deutlich gemacht, wie stark die Wirtschaft des Landes miteinander verflochten ist und was es heißt, Synergieeffekte zu erzielen. In vielen Gesprächen wurde verdeutlicht, dass die Familien neben wirtschaftlichen auch philanthropische Interessen verfolgen.
Erneuerbare Energieprojekte
Mit Acen, einem führenden Entwickler für erneuerbare Energieprojekte in Südostasien, diskutierten wir die Unternehmensstrategie, insbesondere vor dem Hintergrund des Kohle-Phase-Outs sowie des Ausbaus mit erneuerbaren Energien, u. a. auch in Australien. In dem Land, das sich nun endlich einem ambitionierten Ausbau der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien verschrieben hat, entwickelt Acen bald einen 400 MW großen Solarpark. Uns haben die Ambitionen des Unternehmens, das Kerngeschäft aggressiv und über die Grenzen des Landes hinweg auszubauen, beeindruckt sowie auch die Vision, der Kohle in einem Land wie den Philippinen, das noch zu über 50 Prozent des Stroms aus Kohlekraft gewinnt, den Rücken zu kehren.
Telekommunikation
Globe Telecom, einer der beiden führenden Telekommunikationsdienstleister in den Philippinen, versprühte mit einem dynamischen Team und – wie man uns sagte – einem Jeans tragenden CEO Start-Up-Atmosphäre. Das Unternehmen fokussiert sich derzeit, nicht zuletzt als Folge der COVID-19-Pandemie, die in den Philippinen zu einem der strengsten Lockdowns weltweit geführt hat, auf seine Digitalisierungsstrategie. In einem Land, das in vielerlei Hinsicht in der wirtschaftlichen Entwicklung von seinen südostasiatischen Nachbarn abgehängt wurde, sind grundlegende – und in Deutschland zumindest i. d. R. garantierte – Dienstleistungen wie Banking und Gesundheit nicht selbstverständlich. Globe Telecom hat sich in den vergangenen Jahren von einem reinen Telekomanbieter zu einem Anbieter von Finanzierungs- und Telehealth-Lösungen entwickelt und adressiert damit eine nicht zu unterschätzende Mangelware in dem Land.
Wasserversorgung
Bei Manila Water – einem Benchmark-Unternehmen für privatisierte Wasserversorgung – konnten wir uns nach der Wasserkrise von 2019 und den Querelen mit dem ehemaligen philippinischen Präsidenten Duterte ein Bild von der aktuellen Situation verschaffen – sowohl aus wirtschaftlicher als auch aus ethischer und ökologischer Sicht. Das Unternehmen konnte sich zuletzt mit der Regierung auf neue Tarife für die Konzessionen einigen, die dem Unternehmen finanzielle Planungssicherheit verschaffen. Sie ermöglichen auch, die ambitionierte Zielsetzung zur Einsparung von CO2-Emissionen, durch den Ausbau des Bezugs von Strom aus erneuerbaren Energien und die Investition in energieeffiziente Anlagen, umzusetzen. Manila Water konnte glaubhaft machen, dass es aus Fehlern der Vergangenheit, die zum Teil zu der Wasserkrise in Manila geführt hatten, gelernt und umfangreiche Maßnahmen ergriffen hat. Insbesondere auch den hohen Non-Revenue-Water-Anteil im Westmanila-Teil durch Verluste und Wasserdiebstahl wird das Unternehmen durch Sanierungs- und Monitoring-Programme sowie durch Bildungsarbeit adressieren.
Dialog mit der Thailändischen Handelskammer (AHK) und der Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ)
Über die Gespräche mit den Unternehmen hinaus haben wir mit Vertretern der Deutsch-Thailändischen Handelskammer (AHK) und der Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) gesprochen. Diese Gespräche dienten dem besseren Verständnis der landesspezifischen Rahmenbedingungen, insbesondere des regulatorischen Umfeldes und ihrer Umsetzung.
Essentiell: die lokalen Gegebenheiten kennenlernen
Die Reise nach Bangkok und Manila hat uns bestätigt, dass es wichtig ist, die lokalen Gegebenheiten sowie die Menschen hinter den Unternehmen zu erleben. Für Zahlen, Daten, Fakten vermitteln Unternehmensberichte und Recherchen meist ein ausreichendes Bild. Für das Verständnis, wie das Management „tickt“ und was es erreichen will, ist der persönliche Kontakt jedoch ausschlaggebend. Und auch etliche der Unternehmen waren interessiert, die ÖKOWORLD als Investor und ihre Beweggründe besser zu verstehen.