Offene Immobilienfonds galten viele Jahre als sichere Vermögensanlage, deren Wertentwicklung nur eine Richtung kannte: nach oben. Vor mehr als 20 Jahren begann die Diskussion, wie die Assets realitätsnäher zu bewerten seien.
Kolumne von Ulrich A. Nastold, Kanzlei Klumpe, Schroeder + Partner GbR
Kritisiert wurde, dass bei offenen Immobilienfonds die normale Wertentwicklung von Immobilien, die bekanntlich in Amplituden verläuft, außer Kraft gesetzt schien. Dennoch glaubte zu der damaligen Zeit kaum jemand ernsthaft, dass offene Immobilienfonds „eingefroren“ werden könnten oder gar zwangsabgewickelt werden müssten.
2005 war es dann aber soweit. Die Rücknahme von Anteilen zunächst nur weniger offener Immobilienfonds musste befristet ausgesetzt werden. Im Zuge der durch Lehman ausgelösten Banken- und Finanzkrise kamen weitere offene Immobilienfonds hinzu. Inzwischen liegen erste Entscheidungen zur Frage vor, ob ein Vermittler über die Möglichkeit der Aussetzung der Anteilsrücknahme konkret aufzuklären hatte.
Anleger- und objektgerechte Beratung
Das Investmentgesetz sah in Paragraf 81 vor, dass die Rücknahme von Anteilen an Immobilien-Sondervermögen temporär ausgesetzt werden kann, wenn die benötigten Mittel zur Erfüllung von Rücknahmeverlangen nicht ausreichen oder nicht sogleich zur Verfügung stehen. In dieser Zeit kann ein Anleger seine Anteile nicht an die Kapitalanlagegesellschaft zurückgeben, sondern nur über den Zweitmarkt veräußern, zu oft schlechteren Konditionen.
Zeitpunkt des Erwerbs wesentlich In den bisher veröffentlichten Entscheidungen zur Frage von Aufklärungspflichtverletzungen ging es um die Empfehlung offener Immobilienfonds Anfang 2008 oder früher. In der Mehrzahl von Fällen wurde von verschiedenen Oberlandesgerichten eine Pflichtverletzung verneint.
Das OLG Dresden führt dazu in seinem Urteil vom 15. November 2012 (8 U 512/12) aus, dass eine Beratung anleger- und objektgerecht sein müsse. Dazu sei einerseits auf den Wissensstand, die Risikobereitschaft und das Anlageziel des Kunden abzustellen und andererseits müssten die allgemeinen Risiken wie Konjunkturlage und Entwicklung des Kapitalmarkts berücksichtigt werden.
Schließlich seien auch die speziellen Risiken zu beachten, die sich aus den besonderen Umständen des Anlageobjekts ergeben. Die Aufklärung des Kunden über diese Umstände müsse richtig und vollständig sein. Die Bewertung und Empfehlung eines Anlageobjektes muss hingegen ex ante betrachtet lediglich vertretbar sein. Das Risiko, dass sich eine Anlageentscheidung im Nachhinein als falsch erweist, trägt der Anleger.
Ex-ante-Sicht im Vordergrund
Das OLG Dresden verneinte deshalb eine Aufklärungspflichtverletzung. Ein offener Immobilienfonds habe im März 2008 noch als grundsolide und wertbeständige Anlage gegolten. Es hätte deshalb nicht darüber ungefragt aufgeklärt werden müssen, dass Kapitalanlagegesellschaften bei offenen Immobilienfonds zeitweilig die Rücknahme der Anteile aussetzen können.
Es bestünde auch kein Emittentenrisiko, da es sich bei offenen Immobilienfonds um Sondervermögen der jeweiligen Fondsgesellschaft handele. Mit ähnlichen Begründungen wiesen die Oberlandesgerichte München (Urt. v. 8. Juli 2013, 19 U 1411/13) und OLG Schleswig (Urt. v. 19. September 2013, 5 U 34/13) die Klagen von enttäuschten Anlegern ab.
Auch das OLG München stellte die maßgebliche Ex-ante-Sicht in den Vordergrund. Im Februar 2008 hätte ein Bankberater noch davon ausgehen können, dass Anteile off ener Immobilienfonds grundsätzlich jederzeit verkauft werden können oder an die Fondsgesellschaft zurückgegeben werden können. Zum damaligen Zeitpunkt seien besondere Risiken, über die aufzuklären gewesen wäre, nicht erkennbar gewesen und von dem Anleger auch nicht aufgezeigt worden.