Mittlerweile haben die öffentlichkeitswirksamen Abwicklungen der ehemals als mündelsicher eingestuften Anlagevehikel Anlegeranwälte auf den Plan gerufen. Diese wollen im Auftrag der OIF-Kunden nun Schadensersatz erstreiten. Die Kanzlei Nieding + Barth will nach Informationen des „Handelsblatt“ massiv insbesondere gegen die Verwalterin des Morgan Stanley P2 Value vorgehen. Grundlage für eventuelle Regressansprüche seien eine mögliche Falschberatung und fehlerhafte Prospektangaben. „In den Prospekten der Fondsgesellschaften finden sich Formulierungen wie ‚risikoloses Sparprodukt’. Diese offensichtlich falschen Zusicherungen waren für nahezu alle Investoren der Grund, die Anteile zu erwerben“, erläutert Bankrechtler Andreas Tilp, Gründer und Geschäftsführer der Tilp Rechtsanwaltsgesellschaft. Die Schieflage der OIFs sei für Anleger inzwischen zu einem kapitalen Schadensfall geworden. Den Käufern der Produkte wurden die Fonds oft als Alternative zu Sparprodukten verkauft – angeblich genauso sicher aber mit höherer Rendite ausgestattet und liquide wie ein Aktienfonds, bemängeln die Rechtsexperten. Sie wollen einen Schadensersatzanspruch erstreiten, der zur Rückabwicklung des gesamten Geschäfts führt.
Abgesehen von den Abwicklungskandiaten liegen weitere rund 17,4 Milliarden Euro in OIFs, die die Rücknahme ihrer Anteile gestoppt haben auf Eis. Bange Blicke richten sich aktuell auf die eingefrorenen Schwergewichte CS Euroreal (Volumen 6,1 Milliarden Euro) der Credit Suisse sowie den SEB Immoinvest (6,3 Milliarden Euro) der SEB. Bei beiden läuft die Frist für eine Wiederöffnung jeweils erst im Mai 2012 ab. Ungeachtet der jüngsten Abwicklungen planen die OIFs jeweils noch in diesem Jahr die Wiederöffnung. Der CS Euroreal will eigenen Angaben zufolge 25 bis 30 Prozent als Liquiditätspolster aufbauen und gilt der Börse Hamburg/Hannover dennoch als „Wackelkandidat“. Eine weitere Branchenbaustelle ist der rund 3,8 Milliarden Euro schwere KanAm Grundinvest. Auch dieser Publikumsfonds muss bis Mai 2012 durch Objektverkäufe wieder flüssig werden, da ansonsten die Zwangsabwicklung droht. Zudem bleibt die Frage, ob für den nötigen Liquiditätsaufbau jeweils nicht doch das Tafelsilber aus dem Objektportfolio veräußert werden muss. Dies ginge zu Lasten der Performance.
Noch offen ist derzeit die Frage, ob der durch die anhaltenden Abwicklungen in der Branche permanente Imageverlust auch Auswirkungen auf die bislang unbeeindruckten Fondskolosse von Deka, Rreef und Union Investment hat. Vorteil dieser drei Anbieter ist ein schlagkräftiger Vertrieb via Bankenschalter, der bislang stets einen ausreichenden Liquiditätsfluss sichergestellt hat, um deren jeweilige OIFs offen zu halten. Das Problem: auch deren Verzinsung ist für Anleger aktuell kaum attraktiv. Der Gesamtmarkt der offenen Immobilien-Publikumsfonds erzielte zum 31. Oktober 2011 nach Angaben des BVI Bundesverbands Investment und Asset Management eine Einjahres-Performance von durchschnittlich 1,3 Prozent. Im krisengeplagten Dreijahreszeitraum seit 2008 lag die Wertentwicklung der OIFs demnach bei plus 2,1 Prozent per annum.
Endzeitstimmung in der Assetklasse wäre erst dann angebracht, wenn der Dominio-Effekt auch diese wahren Giganten unter den offenen Immobilienfonds taumeln lässt. Einen Hoffnungsschimmer birgt die Regulierung der Branche, die vor allem eine Trennung von Privat- und Großanlegern in den Vehikeln vorsieht. Diese wird jedoch erst ab 2013 bei den nachhaltig geöffneten OIFs greifen. Bis dahin bleibt die diffuse Angst vor einer Kettenreaktion. (te)
Foto: Shutterstock