Anteilssscheine offener Immobilienfonds deren Rücknahme ausgesetzt ist, können über die Börse weiter gehandelt werden – wenn auch mit Abschlägen. Über die Entwicklung des Handels und der Kurse sprach Cash. mit Dr. Thomas Ledermann, Vorstand der BÖAG Börsen AG Hamburg-Hannover.
Cash.: Inwieweit hat sich der Börsenhandel offener Immobilienfonds mittlerweile etabliert?
Ledermann: Als Pionier des börslichen Fondshandels haben wir vor rund zehn Jahren mit der Fondskategorie ‚offene Immobilienfonds‘ begonnen. Das war von Beginn an eine Erfolgsstory mit enormen Wachstumsraten. Die Anleger wussten die Möglichkeit, Fonds ohne Ausgabeaufschlag über die Börse Hamburg kaufen zu können, also immer schon zu schätzen. Im Zuge der Schließungswelle von offenen Immobilienfonds kam hinzu, dass die Veräußerung über die Börse der einzige Weg war, sich von Fondsanteilen zu trennen. Dies führte zu einer nochmaligen Umsatzausweitung und ermöglichte den Maklern die Stellung von noch engeren Spreads und von Top-Ausführungen für die Anleger. Durch die Schließung vieler offener Immobilienfonds wurden zunehmend auch Berater der Kreditinstitute auf die Möglichkeit des Börsenhandels aufmerksam. Durch den zeitnahen Verkauf von Anteilen an einem eingefrorenen Fonds über die Börse konnten und können sie ihren Kunden im Notfall dringend benötigte Liquidität zur Verfügung stellen – beispielsweise weil diese einen Überbrückungskredit scheuen. Für Kunden, die sich vor möglicherweise noch größeren Verlusten schützen wollten, wurde der Verkauf über die Börse zu einer Alternative. Auf der anderen Seite besteht für den Berater die Chance, seinen liquiden und an einer langfristigen Geldanlage interessierten Kunden wie Vermögensverwaltern, Dachfonds oder Family Offices eine attraktive Einstiegsmöglichkeit zu offerieren. Nutzten anfänglich wesentlich private Investoren unseren Fondshandel, so kamen im Laufe der Zeit verstärkt auch institutionelle Anleger hinzu.
Cash.: Wie hat sich der Umsatz in diesem Segment an Ihrer Börse entwickelt? Inwieweit profitieren Sie von den Schwierigkeiten der Branche?
Ledermann: Seit dem Start des börslichen Handels von offenen Immobilienfonds hat sich der Umsatz in dieser Fondskategorie stetig gesteigert. Dabei haben wir in den Jahren 2009 und 2010 sicherlich von den Schließungen profitiert. Andererseits war aus unserer Sicht diese Handelsmöglichkeit aber auch für die Kapitalanlagegesellschaften in gewisser Weise hilfreich. Mit der Möglichkeit einer Ausstiegsalternative konnten sie den Ärger unter ihren Anlegern deutlich vermindern. Im ersten Halbjahr 2011 kam es erstmalig zu einem deutlicheren Umsatzrückgang, über dessen Gründe nur spekuliert werden kann. Anleger haben sich mutmaßlich in den Vorjahren bereits positioniert. Wer von den Altanlegern jetzt noch Anteile besitzt, ist möglicherweise aktuell nicht auf Liquidität angewiesen und hält diese bis zur endgültigen Abwicklung des Fonds beziehungsweise als langfristiges Investment über die Wiedereröffnung hinaus.
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