„Das Ergebnis der Leistungsprüfung ist weiterhin eine unternehmensindividuelle und einzelfallabhängige Blackbox. Das Risiko einer Leistungsablehnung ist durch Covid-19 teilweise deutlich erhöht“, heißt es in der Studie von Premium Circle. Im Gesamtergebnis stehe fest, dass es für Versicherte – auch im Hinblick auf Covid-19 – in der Berufsunfähigkeitsversicherung aktuell so gut wie keine verbindliche Vertragsgrundlage gebe. Mit der Alten Leipziger, Barmenia, Canada Life, HDI, LV 1871, Sparkassen Versicherung und Volkswohl Bund hatten sich gerade einmal sieben BU-Versicherer an der Studie beteiligt.
Schon die geringe Teilnehmerzahl ruft nun Kritik von „Zukunft für Finanzberatung“ hervor: „An der Untersuchung beteiligten sich nach Darstellung in der Presse nur sieben, nach Darstellung auf der Website des Studienanbieters inzwischen knapp zwölf Prozent der 59 angefragten Versicherer. Nach unseren Informationen haben aber aus diesem Kreis zudem nicht alle Unternehmen die vorgelegten Fragebögen vollumfassend beantwortet“, heißt es in einer „Öffentlichen Stellungnahme“ des ZFF. „Aus dieser Umfrage deshalb einen kausalen Zusammenhang für den Gesamtmarkt der Versicherungsunternehmen herzustellen, entbehrt nach unserem Dafürhalten als Vertreter der Versicherungsvermittler einer fundierten Grundlage.“
„In unseren Augen lässt sich aus der geringen Teilnahme auch nicht schließen, dass die anderen Versicherer etwas zu verbergen hätten“, heißt es in der Stellungnahme weiter. Es sei vielmehr anzunehmen, dass es bisher noch kaum Erfahrungswerte in den Leistungsabteilungen zum Thema Covid-19 bzw. Long-Covid gebe und viele der in den Raum gestellten Fragen vom Leistungsumfang der Policen standardmäßig abgedeckt seien.
„Unzureichende Datenlage“
„Als Interessenvertreter der Branche sehen wir uns durch die unseres Erachtens nach offenkundigen Fehlinformationen und die unzureichende Datenlage in der hier genannten ‚Studie‘ aufgefordert, einzelne Punkte klarstellend zu kommentieren“, so der Interessensverein. So sei aus den Versicherungsbedingungen auch der teilnehmenden Versicherer nicht zu entnehmen, dass Reisen in Risikogebiete keine oder nur in Bezug auf Kriegsereignisse eine Leistungsverweigerung zuließen. Tatsächlich gebe es aber eine gesetzliche Regelung darüber, was als „Absicht“, also „Vorsatz“, und was als „grob oder einfach fahrlässig“ einzustufen sei. Vorsatz wäre hier erst das bewusste Herbeiführen bzw. billigende Inkaufnehmen einer Berufsunfähigkeit, das hier bei weitem nicht gegeben wäre, heißt es von Seiten des ZFF.
Die Informationen zu einer möglichen Ablehnung von Leistungen bei Haltungsschäden durch die Arbeit im Home-Office sei ebenfalls irreführend, kritisiert der Verein. Es bestehe für den Versicherungsnehmer keine Meldepflicht beim Wechsel der beruflichen Tätigkeit. Versichert sei immer „die zuletzt in gesunden Tagen ausgeübte Tätigkeit“. Ein Versicherer werde bei der Leistungsprüfung auf die konkret ausgeübte Tätigkeit abstellen, wie sie regelmäßig auch vor der Corona-Pandemie ausgeübt wurde. Selbstverständlich seien Haltungsschäden aufgrund der beruflichen Tätigkeit grundsätzlich mitversichert.
Marcus Drews, Chef von Canada Life Deutschland, ergänzt in der Stellungnahme: „Als eines der befragten Unternehmen ist es für uns nicht nachvollziehbar, wie man zu den Schlussfolgerungen gekommen ist. Aufgrund der geringen Datenmenge finden wir es schwierig, über ein Branchenphänomen zu sprechen.“ Im Fall seines Unternehmens könne er sagen: „Covid-19 ändert nichts an unseren allgemeinen Prozessen bei der Antrags- und Leistungsprüfung sowie an den Versicherungsbedingungen. Im dem abgefragten Zeitraum gab es übrigens lediglich einen einzigen Leistungsfall mit Bezug zu Covid-19, den wir ganz normal reguliert haben.“ Ob und wie Premium Circle auf die Kritik reagieren wird, bleibt abzuwarten.