Cloud Computing ist ein wichtiger Baustein zur Digitalisierung in Unternehmen. Dies belegt auch der aktuelle Cloud-Monitor 2022 der Bitkom Research im Auftrag von KPMG. 82 Prozent der befragten Unternehmen nutzen bereits Cloud Computing, 15 Prozent planen den Einsatz – COVID-19 hat hier nochmal für einen Schub gesorgt.
Bis 2025 wollen die Unternehmen mehr als die Hälfte ihrer produktiven Anwendungen aus der Cloud betreiben. Drei Viertel der Befragten sehen einen „sehr großen“ oder „eher großen“ Beitrag von Cloud Computing im Aufbau von Plattformen zur flexiblen Kooperation mit Dritten – ein wichtiges Thema auch für Versicherer beim Thema Schadenmanagement.
An der Cloud führt kein Weg vorbei
Auch für Versicherer werden SaaS-Modelle – also die Bereitstellung von Softwareanwendungen über die Cloud – immer entscheidender für den langfristigen Erfolg. Doch viele Versicherer hinken bei der Modernisierung ihrer IT-Systeme noch hinterher. Laut Branchenkompass Insurance 20212 von Sopra Steria – einer Umfrage unter Führungskräften in Versicherungen in Deutschland – arbeiten aktuell 61 Prozent der Versicherer an einem Umstieg auf Cloud-Lösungen.
Denselben Trend erkennt auch die Studie Future of Insurance3 von Sollers Consulting aus dem August 2021. Die Umfrage unter Versicherungsexperten in den USA, Japan und Europa identifiziert Cloud Computing als die wichtigste Technologie für die Zukunft und prognostiziert, dass bis 2031 mehr als acht von zehn der Top 10-Versicherungen in Deutschland auf die Cloud setzen werden. Cloudbasierte Systeme werden sich zum Standard in der Branche entwickeln und die Versicherer werden von Kostenoptimierung, Skalierbarkeit, Flexibilität und einer kürzeren Markteinführungszeit profitieren.
Nahtloser Service im Schadenfall
Naturkatastrophen sind ein Stresstest für Versicherer. Innerhalb kurzer Zeit geht eine hohe Anzahl an Schadenmeldungen ein. Die Versicherten befinden sich oft in einer schwierigen Lage. Cloudbasierte Kernsysteme bieten in solchen Situationen den entscheidenden Vorteil: IT-Ressourcen lassen sich schnell skalieren – nach oben in Spitzenzeiten und wieder nach unten, wenn die Zahl der Schadenmeldungen sich wieder reduziert.
Auf diese Weise können Versicherer die Kosten für die benötigten IT-Services jederzeit optimieren. Außerdem bietet eine Cloudbasierte IT-Infrastruktur Versicherern die Möglichkeit, von überall auf die benötigten Daten zuzugreifen, selbst wenn das Maklerbüro selbst von der Naturkatastrophe betroffen wäre.
Das Schadenmanagement ist ein komplexer Prozess. Während Versicherungsnehmer Transparenz und eine schnelle Regulierung erwarten, wünschen sich Sachbearbeiter reibungslose Abläufe und Erkenntnisse aus Daten, die sie bei der Schadenbearbeitung und Entscheidungsfindung unterstützen. Dienstleister wiederum verlangen eine problemlose Integration in den Schadenprozess. Nur so können sie dem Versicherten einen nahtlosen Service bieten und mit dem Versicherer effizient interagieren.
Zudem ermöglicht digitale Technologie eine automatisierte Schadenerstmeldung und proaktive Unterstützung des Versicherten in dieser aufreibenden Situation. KI und maschinelles Lernen unterstützen Sachbearbeiter mit Echtzeit-Erkenntnissen. Sie versetzen sie in die Lage, fundierte Entscheidungen zu treffen und Schäden zu segmentieren.
Ebenso kann die Technologie dabei helfen, von Anfang an die richtigen Parteien einzubeziehen oder sogar eine vollautomatisierte Schadenbearbeitung unterstützen, die die operative Effizienz und damit die Kundenzufriedenheit steigert. Laut der genannten Studie von Sollers Consulting erwarten 64 Prozent der befragten Versicherungsspezialisten, dass die Automatisierung im Schadenmanagement innerhalb der nächsten zehn Jahre zwischen 70 und 100 Prozent liegen wird.
Im Schadensprozss: Ganzheitliche Sicht auf Daten
Bei der Feststellung und Bewertung eines Schadens müssen Sachbearbeiter enorme Daten- und Informationsmengen auswerten. Dabei gilt es, zahlreiche Datenpunkte, die mit der Schadenmeldung eingehen, zu erfassen und zu berücksichtigen. Gleichzeitig müssen sie mit vielen externen Parteien interagieren, um zusätzliche Informationen zu erhalten, Reparaturen zu beauftragen oder Zahlungen zu leisten.
Wie gut dies gelingt, ist entscheidend für eine reibungslose, effiziente und schnelle Schadenabwicklung. Gefragt sind hier eine ganzheitliche Sicht auf alle Schadendaten, eine proaktive Unterstützung durch datengesteuerte Erkenntnisse und ein integrierter Workflow, um mit internen und externen Beteiligten einheitlich zu interagieren. Informationen wie Betrugsbewertungen sollten direkt in ihre Abläufe eingebettet sein, ebenso wie die Fähigkeit, Schadenfeststellungen zu beauftragen.
Einfache Tätigkeiten sollten automatisiert sein, damit sich Schadenregulierer auf komplexere Aufgaben konzentrieren können. Diese anspruchsvollere Arbeit sollte wiederum durch direkt zugängliche, datengesteuerte Erkenntnisse wie die Vorhersage der Schadenschwere unterstützt werden. Durch die Bündelung all dieser Fähigkeiten erhält der Schadenregulierer die perfekte Umgebung, um Kunden durch Schnelligkeit, Transparenz und Convenience zu überzeugen. Gerade im Falle von Naturkatastrophen ist zudem der persönliche Kontakt zum Kunden von großer Bedeutung und ein effizientes Schadenmanagement schafft dafür die nötigen zeitlichen Freiräume.
Vernetztes Schadenmanagement: Ökosystem zur Zusammenarbeit
Schadendienstleister und Drittanbieter erwarten nahtlose Integration und Automatisierung. Im Lebenszyklus eines Schadenfalls gibt es viele externe Beteiligte und zahlreiche Integrationen mit Datendiensten oder Dienstleistern. Betrugsermittlungsdienste sind ein Beispiel für Datendienste, während etwa Handwerker, die Gebäudeschäden reparieren, typische Dienstleister darstellen.
Diese externen Akteure müssen in die Abläufe der Schadenbearbeitung integriert werden. Nur so kann ein Sachbearbeiter so effizient wie möglich Informationen nutzen oder direkt mit diesen Beteiligten interagieren. Externe Datendienste sollten Daten in Echtzeit im Schadenprozess bereitstellen und müssen direkt in das Schadenmanagementsystem integriert werden.
Auf diese Weise entsteht ein Ökosystem, das Innovation, Zusammenarbeit und Effizienz in der Schadenbearbeitung fördert. Dies sorgt bei allen Beteiligten für Zufriedenheit und Arbeitserleichterungen. Direkte und indirekte Schadenkosten des Versicherers werden reduziert, und der Versicherte ist genau dann zufrieden, wenn er seinen Versicherer am meisten braucht.
Dienstleister digital einbinden
Im Idealfall sollen Versicherte, Schadenregulierer und Reparaturbetriebe in Echtzeit und mit dem Gerät ihrer Wahl über den gesamten Prozess hinweg kommunizieren und Informationen austauschen. Versicherer können ihren Kunden außerdem digitale Self-Service-Kanäle anbieten, etwa für das einfache Melden und Nachverfolgen von Schadenfällen, Hochladen von Fotos und Dokumenten, Auswählen von bevorzugten Reparaturbetrieben je nach Standort und die Kommunikation mit dem Sachbearbeiter – und all das von jedem Ort aus.
Sachbearbeiter erhalten alle schadenrelevanten Statusmeldungen oder Informationen in Echtzeit und können sofort mit der Bearbeitung fortfahren. Reparaturbetriebe erhalten direkten Zugriff auf benötigte Daten im Schadenmanagementsystem. Sie können in Echtzeit mit dem Versicherer kommunizieren, Reparaturanfragen erhalten und Reparaturangebote zur Freigabe erstellen. Wetterereignisse wie die diesjährige Flutkatastrophe haben Versicherern, deren Kernsysteme noch nicht modernisiert und Cloudfähig sind, sicherlich die Grenzen ihres Schadenmanagements aufgezeigt.
Gerade Krisensituationen machen deutlich, wie wichtig leistungsfähige Technologie für Versicherer ist, um konkurrenzfähig zu bleiben. Denn nur diejenigen Versicherer, die ihre IT radikal verschlanken, in Standardsysteme spezialisierter Anbieter investieren und auf die Cloud setzen, werden langfristig erfolgreich sein.
Autor René Schoenauer ist Director Product Marketing EMEA bei Guidewire