Mit einer bundesweiten „Mindestmengen-Transparenzkarte“ gibt die AOK erstmals einen Überblick über alle Kliniken, die im kommenden Jahr Mindestmengen-relevante Operationen mit besonders hohen Risiken für die Patienten durchführen dürfen.
Die Karte im Internetauftritt des AOK-Bundesverbandes enthält auch die von den Kliniken aktuell gemeldeten Fallzahlen für alle sieben Behandlungen, zu denen gesetzlich vorgegebene Mindestmengen existieren. Es handelt sich um besonders anspruchsvolle und komplizierte Behandlungen, bei denen das Risiko der Patienten für schwere Komplikationen besonders hoch ist. Derzeit sind dies die Implantation von künstlichen Kniegelenken (50 Fälle pro Jahr), Transplantationen von Leber (20), Niere (25) und Stammzellen (25), komplexe Operationen an Speiseröhre (10) und Bauchspeicheldrüse (10) sowie die Versorgung von Früh- und Neugeborenen mit einem Geburtsgewicht von unter 1.250 Gramm (14).
Orientierung für Patienten vor planbaren Operationen
„Mit unserer Online-Karte geben wir Patienten Orientierung, welche Kliniken die Mindestmengen-Regelung einhalten – aber wir zeigen auch, wo Klinikärzte erstmals oder auf Basis von Ausnahmegenehmigungen des Landes operieren. Vor allem die bisher unveröffentlichten Fallzahlen aus den letzten anderthalb Jahren können Patienten, die vor einer planbaren Operation stehen, bei der Wahl einer passenden Klinik helfen“, sagt Martin Litsch, Vorstandsvorsitzender des AOK-Bundesverbandes.
Auf Basis der von den Kliniken gemeldeten Fallzahlen von Anfang 2018 bis Mitte 2019, die in der Karte dargestellt werden, haben die Landesverbände der Krankenkassen kürzlich über die OP-Genehmigungen für das Jahr 2020 entschieden. Diese neue Regelung war im Gemeinsamen Bundesausschuss beschlossen worden, um die Umsetzung und Einhaltung der Mindestmengen zu verbessern. „Krankenhäuser, die auf der Karte fehlen, dürfen die jeweilige Behandlung nicht durchführen und können sie infolgedessen auch nicht mit der AOK abrechnen“, betont AOK-Vorstand Litsch. Der AOK-Bundesverband hatte in der Vergangenheit wiederholt darauf hingewiesen, dass viele Kliniken die vorgegebenen Fallzahlen nicht einhalten.
Landesverbände der Kassen entscheiden über OP-Berechtigung
Seit diesem Jahr gelten neue Vorgaben für Kliniken, die Mindestmengen-relevante Eingriffe durchführen. Sie mussten den Krankenkassen in ihrem Bundesland bis zum 15. Juli ihre aktuellen Fallzahlen melden und eine Prognose über die OP-Zahlen im kommenden Jahr abgeben. Die Landesverbände der Krankenkassen haben diese Angaben geprüft und dann entschieden, ob sie die Prognose akzeptieren. Eine positive Prognose für 2020 konnten auch Kliniken erhalten, die die notwendige Zahl von Operationen zum Beispiel aus organisatorischen oder personellen Gründen nicht erbracht haben – wenn sie nachweisen konnten, dass die Gründe für das Nicht-Erreichen der Mindestzahlen ausgeräumt wurden.
Daneben gibt es auch Krankenhäuser, die die OP-Berechtigung durch die zuständige Landesbehörde erhalten haben, um eine flächendeckende medizinische Versorgung in dem jeweiligen Land zu gewährleisten. Die „Mindestmengen-Transparenzkarte“ der AOK macht für jede einzelne Klinik transparent, auf welcher Basis die Berechtigung erteilt wurde und welche Fallzahlen zuletzt erreicht wurden. Auch Kliniken, die das erste Mal oder nach einer mindestens zweijährigen Unterbrechung eine Leistungserlaubnis erhalten haben, werden in der Online-Karte extra ausgewiesen. Sämtliche Informationen aus der Online-Karte sollen im nächsten Jahr auch in den Krankenhaus-Navigator der AOK einfließen, der Patienten und Ärzte über die Qualität von Kliniken informiert.
AOK fordert Ausweitung der Mindestmengen
Der AOK-Bundesverband erneuert aus Anlass der Veröffentlichung der Online-Karte seine Forderung nach einer Ausweitung der derzeitigen Mindestmengen-Regelungen: „Studienergebnisse zeigen, dass die bestehenden Mindestmengen angehoben werden sollten, um die Patientensicherheit weiter zu erhöhen. Außerdem sollten neue Mindestmengen für weitere Behandlungen eingeführt werden“, fordert AOK-Vorstand Martin Litsch. Dies gilt zum Beispiel für Operationen bei Brustkrebs oder Darmkrebs, aber auch für Hüftprothesen-Implantationen. „Hier operieren immer noch zu viele Kliniken mit zu wenig Routine und zu geringen Fallzahlen. Die Folgen für die betroffenen Patienten sind fatal. Sie reichen von häufigeren Komplikationen bis zu erhöhten Sterblichkeitsraten“, so Litsch.
Laut Studien ist in Kliniken, die die vorgegebenen Mindestmengen einhalten, das Sterblichkeitsrisiko für die Patienten deutlich geringer als in Krankenhäusern mit Fallzahlen unterhalb der Mindestmenge.
Foto: Shutterstock