Obwohl seit mehr als einem Jahr keine neuen Containerschiffe mehr bestellt wurden, stehen in den Auftragsbüchern der Werften nach Angaben des Verbands Deutscher Reeder (VDR) noch immer Neubauten mit einer Stellplatzkapazität von etwa 40 Prozent der fahrenden Flotte.
Bemühungen, die Verschiebung der hauptsächlich auf Werften in Fernost bestellten Schiffe zu erreichen, hatten bislang wenig Erfolg. „Die Flexibilität asiatischer Werften ist bisher sehr gering“, kritisierte der VDR-Vorsitzende Michael Behrendt. Sie würden sich weiterhin heftig gegen Verschiebungen sträuben, so Behrendt.
Die Verschiebung oder Stornierung der Neubauten gilt neben der generellen Entwicklung des Welthandels als Schlüsselthema bei der Überwindung der Krise in der maritimen Wirtschaft. Zum einen ist eine Markterholung je eher zu erwarten, desto weniger neue Tonnage auf den Markt kommt. Zum anderen sind viele Reedereien und Emissionshäuser derzeit kaum in der Lage, das Kapital für ihre Zahlungsverpflichtungen aus den Bauaufträgen zu beschaffen und könnten ernsthafte Schwierigkeiten haben, wenn die Werften auf den Terminen beharren.
Durch den Einbruch des Welthandels, den der VDR im Jahr 2009 auf ein Minus von zwölf Prozent schätzt, sind ohnehin enorme Überkapazitäten entstanden. Laut VDR liegen nach letzter Zählung 566 Containerschiffe mit elf Prozent der weltweiten Stellplatzkapazität ohne Beschäftigung auf. Die Fracht- und Charterraten sind im Keller. Wenn zusätzlich das gewaltige Orderbuch ungebremst auf den Markt kommen sollte, wird sich die Krise noch über Jahre hinziehen, befürchten Experten.
Schon Mitte November auf dem „Hansa Forum“ der Zeitschrift Hansa hatte Werner Lüken vom Verband für Schiffbau und Meerestechnik (VSM) bestätigt, dass stornierte Schiffe in China zum großen Teil sogar mit Staatshilfe fertig gestellt werden, um die Werft-Arbeitsplätze zu erhalten. Der VDR habe über die abgelöste Bundesregierung bereits vergeblich versucht, auf die Werften in Asien einzuwirken, so Behrendt. Nun werde zusammen mit der Schwarz-Gelben Regierung ein neuer Versuch unternommen.
Insgesamt wird der Ruf nach staatliche Hilfe immer lauter. Der VDR fordert vor allem, dass bei der Anwendung der staatlichen Unterstützungsprogramme auf die spezifischen Gegebenheiten der Branche Rücksicht genommen werde. Sonderlich präzise sind die Vorstellungen des Verbands 14 Monate nach Ausbruch der Krise aber offenbar nicht. „Derzeit arbeiten wir daran, unsere Bedürfnisse zu konkretisieren“, sagte Behrendt. (sl)
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