Kommen wir noch einmal zum Marktgeschehen. Neben den immer weiter steigenden Betriebskosten stehen auch die stark zulegenden Nebenkosten, die beim Kauf einer Immobilie anfallen, in der Kritik. Muss der Gesetzgeber hier aus Ihrer Sicht handeln?
Annabrunner: Hier besteht ganz erheblicher Handlungsbedarf! Die Deutschen haben Lust auf Wohneigentum: Aus Umfragen wissen wir, dass in der Altersgruppe bis 40 Jahre jeder Zweite von einer eigenen Immobilie träumt. Die Realität ist indes eine andere. Deutschland steht in Sachen Wohneigentumsquote sage und schreibe an vorletzter Stelle im europäischen Ranking. Neben steigenden Grundstücks- und Immobilienpreisen werden Kaufinteressenten in Deutschland auch durch eine langatmige Bürokratie ausgebremst. Wir beobachten nach wie vor, dass die Genehmigungsphasen der Bauämter für bauwillige Kunden extrem schleppend verlaufen. Die Wartezeiten erschweren die Baumaßnahmen
sehr.
Wie ist der Fortgang bei der Reform der Grunderwerbssteuer?
Annabrunner: Sie liegt offenbar auf Eis und zwar nicht erst seit Beginn der Corona-Krise. Die Bundesregierung hatte zwar im Koalitionsvertrag angekündigt, hier einen Freibetrag zu prüfen, um Bauherren und Immobilienkäufer zu entlasten. Bislang gibt es hier jedoch keinerlei Entwicklung. Darüber hinaus liegen die Grunderwerbssteuersätze – je nach Bundesland – zwischen 3,5 und 6,5 Prozent und sind damit für viele Baufamilien eine erhebliche finanzielle Hürde. Eine klare Linie und einheitliche Regelungen in Sachen Grund- und Grunderwerbssteuer sind deshalb längst überfällig.
Stichwort Förder-Dschungel: Häufig kritisiert wird auch das unübersichtliche Angebot von Fördermitteln, die Bauherren und Käufer beantragen können. Hat sich die Situation hier mittlerweile verbessert?
Annabrunner: Nein, wer bauen oder kaufen möchte, braucht einen sehr langen Atem: Die Fördermittelsuche des Bundes ist unübersichtlich und umfasst nur Programme von Bund, Ländern und der EU. Die Hilfen von Kommunen, Städten und Energieversorgern sind nirgends erfasst. Eine Entbürokratisierung und mehr Transparenz sind dringend geboten. Deutschland darf es sich nicht leisten, Bauherren, Käufer und Modernisierer durch immer mehr Investitionshürden zu verprellen.
Blicken wir noch auf den Megatrend Nachhaltigkeit. Spätestens ab Anfang 2021 müssen Assets und die Finanzberatung nachhaltig ausgerichtet sein. Wie geht die DSL Bank mit dem Thema um?
Annabrunner: Wir verstehen Nachhaltigkeit nicht als Trend, sondern als eine gesellschafts-politische Entwicklung und in der heutigen Zeit als eine Selbstverständlichkeit. Diese Haltung hat die Deutsche Bank, zu der wir gehören, in einer Policy festgeschrieben und dem Thema damit noch mehr Gewicht für den gesamten Konzern gegeben. Deshalb ist ist das Thema Nachhaltigkeit Verpflichtung und Anspruch zugleich. Wir sind überzeugt, dass wir langfristig nur erfolgreich sein werden, wenn wir ressourcenschonend arbeiten. Hier sind wir aber bereits auf einem guten Weg. Mit Blick auf die Beratung und Abwicklung ist unser Prozess – wie die Corona-Phase zeigt – bereits sehr digital und damit ressourcenschonend ausgerichtet. Zudem sind bereits heute die Neubauten in der Regel Niedrigenergie-Häuser und auch bei Modernisierungen wird vermehrt auf nachhaltige Standards gesetzt. Somit unterstützen unsere Finanzierungen diese Entwicklung. Einen zusätzlichen vertrieblichen Schub sehe ich auch beim Thema Modernisierung.
Letzte Frage: Welche Entwicklung erwarten Sie für das Geschäft der DSL Bank in den kommenden Monaten?
Annabrunner: Wir werden uns auch weiterhin als verlässlicher und starker Partner für unsere Vermittler positionieren. Dabei hilft uns die mit Nachdruck betriebene Entwicklung von Beratungs-Tools, die Implementierung schneller und effizienter digitaler Prozesse und das Plattformgeschäft, das bereits jetzt eine wesentliche Säule unseres Vertriebs darstellt, zukünftig aber in seiner Bedeutung noch deutlich wachsen wird.
Interview: Frank O. Milewski, Cash.