Passgenauere Versicherungsprodukte durch Data Science

Dank der Digitalisierung können Menschen und Sachen noch gerechter versichert werden, ohne dass der Kollektivgedanke aufgegeben wird, betonte Rainer Fürhaupter, Vorstandsmitglied der Deutschen Aktuarvereinigung e. V. (DAV), beim Weltkongress der Aktuare (ICA 2018) in Berlin. Damit widersprach er der zuletzt vielfach geäußerten Befürchtung, dass beispielsweise durch Telematik-Tarife in der KFZ-Versicherung das Solidarprinzip der privaten Versicherungen untergraben werde.

Rainer Fürhaupter, DAV, stellt den Nutzen von Data Science für die Tarifgestaltung heraus.

„Die zusätzlichen Telematikdaten ergänzen und verfeinern die bereits heute über 40 Kriterien zur Risikobestimmung weiter“, so Fürhaupter weiter. Und durch die Echtzeiterhebung des Fahrverhaltens würden die Autofahrer zu einem schadenverhütenden Fahrstil motiviert – mit entsprechend positiven Auswirkungen auf die Unfallzahlen. „Dies ist der große Zugewinn der neuen pay-as-you-drive-Tarife und davon profitiert die gesamte Gesellschaft“, bekundet Fürhaupter. Vor diesem Hintergrund würden die ersten Telematik-Tarife derzeit vor allem jungen Fahrern angeboten, die erfahrungsgemäß in überproportional viele Unfälle verwickelt seien und damit als Hochrisikogruppe gälten.

Versicherte profitieren auch im Bereich Gebäudeversicherung

Darüber hinaus profitierten die Versicherten beispielsweise auch im Bereich der Gebäudeversicherung von den Innovationen durch Data Science. Denn durch moderne Geoanalytics-Methoden lassen sich Risiken noch genauer bestimmen. Dadurch bestehe die Möglichkeit, Schadenschwerpunkte, Schadenmuster und Auffälligkeiten frühzeitig zu erkennen und Gegenmaßnahmen zu initiieren. Die feinere und möglichst „faire“ Zuordnung von zukünftig erwarteten Schäden auf die einzelnen Risiken eines Versicherungsbestands hat nach Überzeugung der Aktuare zwei Vorteile für die Kunden: „Einerseits wird für das jeweilige eigene Risiko eine hohe Sensitivität geschaffen. Dadurch wird die Schadenvermeidung und -minderung maximal gefördert“, so der DAV-Vorstand weiter. Andererseits werde die Motivation, sich zu versichern, erheblich gesteigert. „Denn (potenzielle) Versicherungsnehmer nehmen eine risikogerechte Prämie besser an als ein ungebührlich hohes Mitzahlen für andere über Einheitsprämien – das Versicherungsprinzip viele für einen wird dadurch erheblich gestärkt“, erläuterte Fürhaupter.

Europaweiter Kodex für die Verarbeitung von Daten gefordert

Abschließend wiesen die Aktuare darauf hin, dass durch den Einsatz von Data-Science-Methoden künftig deutlich mehr, auch unstrukturierte und zum Teil sensitive Daten verarbeitet werden müssen. „Hierfür müssen zusammen mit IT-Experten ganz neue Prozesse entwickelt werden, um eine ausreichende Datenqualität für eine sachgerechte Tarifkalkulation sicherzustellen“, führte Fürhaupter aus und sprach sich dafür aus, zusammen mit Verbraucherschützern, Politikern und Versicherern eine Art europaweiten Kodex zu erarbeiten, welche Daten wie für die Kalkulation von Versicherungstarifen verwendet werden. „Die DAV und die Aktuare mit ihrer ausgeprägten Erfahrung im Umgang mit sensiblen Daten sowie der Pseudonymisierung und Anonymisierung von Daten stehen diesbezüglich jederzeit für eine tiefgreifende gesellschaftliche Diskussion zur Verfügung“, unterstrich Fürhaupter abschließend. (fm)

Foto: DAV

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