Stimmen zur geplanten pAV-Reform: „Die Wahlmöglichkeit für Auszahlpläne halte ich für falsch“

Dr. Guido Bader, Vorstandsvorsitzender Stuttgarter Lebensversicherung
Foto: Stuttgarter
Guido Bader, Stuttgarter

Branchenvertreter begrüßen den Gesetzentwurf zur Reform der steuerlich geförderten privaten Altersvorsorge (pAV-Reformgesetz) des Bundesfinanzministeriums. Doch sie üben auch Kritik.

In einer ersten Einschätzung begrüßt der Bundesverband Deutscher Versicherungskaufleute (BVK) grundsätzlich, dass die Reform durch die nun begonnene Resortabstimmung an Fahrt aufnimmt. „Als Altersvorsorgeexperten freuen wir uns, dass diese wichtige und überfällige Reform endlich umgesetzt wird und einige der vom BVK in die Fokusgruppe Altersvorsorge eingebrachten Gedanken aufgenommen wurden,“ erklärt Präsident Michael H. Heinz in einer Pressemitteilung des BVK.

Der Entwurf sieht ein sogenanntes zertifiziertes Altersvorsorgedepot vor, bei dem künftig Bürger von einem zusätzlichen Vorsorgeprodukt, das ihnen die Wahl über die jeweilige Anlageform überlässt, profitieren sollen. Durch eine verbesserte Anreizstruktur beabsichtigt der Staat anstelle fixer Zulagen künftig jeden gesparten Euro mit 20 Cent zu fördern – bis zu einem Förderbetrag von 3.000 Euro. Für Kinder und Berufseinsteiger soll es zusätzliche Förderungen geben. Dies soll zusätzliche Anreize zur Eigenvorsorge schaffen und zugleich bürokratische Hürden reduzieren. Ab 2030 sollen sogar Eigenbeiträge bis zu 3.500 Euro steuerlich geltend gemacht werden können. Aus Sicht des BVK sollten diese Möglichkeit auch direkt alle Selbstständigen erhalten.

Zudem soll durch die Lockerung der Brutto-Beitragsgarantie bei Versicherungsprodukten ein Wahlrecht zwischen verschiedenen Garantieniveaus (80 und 100 Prozent) möglich werden. Dies soll auch für den Bestand gelten. Auch eine flexiblere Auszahlungsphase soll ermöglicht werden, da der Entwurf keine verpflichtende Leibrente vorsieht und mit Vollendung des 65. Lebensjahrs auch flexible Auszahlungspläne bis zum 85. Lebensjahr ohne Restverrentungspflicht ermöglicht. Diese Wahlfreiheit sieht der BVK skeptisch, da keine Absicherung des Langlebigkeitsrisikos erfolgen müsse. Aus BVK-Sicht sollte daher zwingend eine vorherige Beratung erfolgen, um sicherzustellen, dass die monatlichen Fixkosten im Alter auch dauerhaft abgesichert werden und die Verbraucher vor Grundsicherungsbedarf im hohen Alter geschützt werden.


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Dr. Guido Bader, Vorstandsvorsitzender der Stuttgarter, begrüßt die Reform einerseits. Andererseits sieht er durchaus Kritikpunkte an dem vorgelegten Entwurf: „Die Wahlmöglichkeit für Auszahlpläne bis zum 85. Lebensjahr halte ich für falsch. Für mich sollte eine staatlich geförderte Altersvorsorge zwingend eine lebenslange Rentenzahlung vorsehen. Alles andere ist ein fahrlässiger Umgang mit Steuergeldern. Das Langlebigkeitsrisiko muss abgesichert sein. Auszahlungspläne sind ein zu hohes Risiko, da sie die Gefahr bergen, dass im Alter das Geld ausgeht, was am Ende Staat und Allgemeinheit belastet. Die Einführung der 80-Prozent-Garantie halten wir für überfällig, haben wir diese doch bereits vor mehr als zehn Jahren gefordert.“

Das Altersvorsorgedepot ist aus Baders Sicht ein guter Ansatz – ihm fehlen jedoch Sicherungsmechanismen: „Ein staatlich gefördertes Altersvorsorgeprodukt sollte eine gewisse Grundabsicherung bieten, da Totalverluste, wie zuletzt beispielsweise bei bestimmten Russland-Fonds, leider nie völlig auszuschließen sind.“ Sehr gut findet er, dass die Höchstbeträge angehoben werden und ab dem Jahr 2030 nochmals steigen. „Dass darüber hinaus eine kontinuierliche Dynamisierung des Höchstbetrages mit Blick auf die Inflation der kommenden Jahre fehlt, ist für mich unverständlich. Hier hätten wir uns eine Koppelung an die Beitragsbemessungsgrenze der gesetzlichen Rentenversicherung vorstellen können“, so Bader.

„Man mag viele Vorhaben der Ampel-Regierung kritisch betrachten, aber mit dem anstehenden Konzept des Altersvorsorgedepots könnte ihr ein großer Wurf gelingen“, nimmt Plansecur-Geschäftsführer Heiko Hauser eine politische Einordnung vor und erläutert die historische Dimension: „135 Jahre nach dem von Otto von Bismarck 1889 eingeführten umlagefinanzierten Rentensystem liegt nun endlich der Entwurf für eine grundlegende Anpassung an den demografischen Wandel, die gestiegene Lebenserwartung, die sinkende Geburtenrate und die über lange Zeiträume positiven Erfahrungen mit dem Kapitalmarkt vor. Die neue Reform löst zwar keine Probleme im hier und jetzt, aber sie weist für viele Menschen den Weg in eine bessere Zukunft, jedenfalls besser, als hätte man das Bismarck’sche Modell in alle Ewigkeit verlängert.“

Als kritisch am neuen Gesetzentwurf stuft Hauser die Einführung einer Positivliste und eines Referenzdepots unter der Ägide der Finanzaufsicht Bafin ein: „Damit wird der Grundstein für ein neues bürokratisches Monster gelegt, das den dynamischen Entwicklungen an den Finanzmärkten künftig immer hinter­herlaufen wird.“ Es sei bezeichnend, dass die angestrebte Bafin-Vergleichsplattform für Finanz­produkte bis Anfang 2026, wenn die gesetzlichen Änderungen Geltung erlangen sollen, schon aus heutiger Sicht nicht rechtzeitig in Betrieb gehen könne.


 

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