„Durch niedrigere Zinsen steigen die finanziellen Aufwendungen für die Verpflichtungen, mit denen sie die Pensionszusagen für ihre Mitarbeitenden abdecken – eine Entwicklung, die wir bereits aus der Niedrigzinsphase zwischen 2008 und 2022 kennen“, sagt Alexander von Saenger. Der Fachanwalt für Arbeitsrecht ist unter anderem am Bremer und am Nürnberger Standort der bundesweit vertretenen Kanzlei Schultze & Braun tätig.
Beim sogenannten Rechnungszins, anhand dessen die notwendigen Rückstellungen für die Pensionszusagen berechnet werden, spielt der durchschnittliche Marktzinssatz der vergangenen zehn Geschäftsjahre eine wichtige Rolle. „Der Großteil des Zehnjahres-Zeitraums war geprägt von niedrigen Zinsen, die zwischenzeitlichen Leitzinserhöhungen fallen dabei nur wenig ins Gewicht“, ordnet von Saenger ein. „Das führt dazu, dass die künftigen Verpflichtungen der Unternehmen – etwa für die betriebliche Altersversorgung ihrer Mitarbeitenden –mit einem niedrigeren Zins in die Gegenwart abgezinst werden und die Unternehmen daher mehr Rückstellungen bilden müssen.“.
Bei kleineren und mittelständischen Unternehmen können auch schon wenige zehn- oder hunderttausend Euro mehr für die Pensionsrückstellungen die Liquiditätsplanung vor eine große Herausforderung stellen. „Im Fall der Fälle können die Pensionsrückstellungen sogar zu einer bilanziellen Überschuldung des Unternehmens führen“, sagt von Saenger. Da die Insolvenzantragspflicht seit dem Jahreswechsel 2023/2024 wieder voll greift, ist die Geschäftsleitung in einem solchen Fall verpflichtet, innerhalb der gesetzlichen Fristen einen Insolvenzantrag zu stellen.
Bei Unternehmen, die ihren Mitarbeitenden bereits seit vielen Jahren eine Alters-, Invaliden- oder Hinterbliebenenversorgung anbieten, kommt gleichwohl eine zusätzliche Herausforderung hinzu. „Es kann es sein, dass das Verhältnis zwischen der Zahl der Betriebsrentner und der Zahl der aktiven Mitarbeitenden über die Jahre in Schieflage gerät – etwa, wenn das Unternehmen sein Geschäftsmodell anpassen oder sich aus anderen Gründen verkleinern muss“, so von Saenger.
Ein prominentes Beispiel ist der Modelleisenbahn-Hersteller Fleischmann. Nach Angaben des Unternehmens waren die verbliebenen 33 Mitarbeitenden 2015 nicht mehr in der Lage, die Pensionsverpflichtungen von mehr als 600 ehemaligen Mitarbeitenden zu erwirtschaften. Die Geschäftsleitung stellte einen Insolvenzantrag. Im Zuge des Verfahrens wurde für die Sanierung des Unternehmens ein Insolvenzplan erstellt und mit den Gläubigern abgestimmt. Ein wichtiger Bestandteil der Sanierung war, dass der Pensions-Sicherungs-Verein (PSVaG) auf einen Großteil seiner Forderungen verzichtet hat, und die Pensionsverpflichtungen für die ehemaligen Mitarbeitenden des Unternehmens übernahm.
„Unternehmen sollten das Thema Pensionsverpflichtungen daher gerade vor dem Hintergrund der bisherigen, aber auch der möglichen weiteren Leitzinssenkungen im Blick haben und diese zum Anlass nehmen, ihre aktuelle Situation zu prüfen“, sagt von Saenger, der bereits zahlreiche Unternehmen beim Umgang mit ihren Pensionsverpflichtungen beraten und unterstützt hat. Bei den Pensionsverpflichtungen gilt die Devise: Je früher eine Schieflage erkannt wird, desto größer sind die Chancen, eine Lösung zu finden.