„Die geförderte Pflege hilft der gesamten Branche“

Vier Experten sprachen im Cash.-Roundtable über den Trend zu steigenden Eigenanteilen in der Pflege und dem von Maklern oftmals vorgebrachte Kritikpunkt einer unzureichenden Dynamisierung der Leistungen.

Oben: Dr. Rainer Reitzler, Vorstandsvorsitzender, Münchener Verein Versicherungsgruppe (links) und Ellen Ludwig, Geschäftsführerin [ascore] Das Scoring GmbH.
Unten: Torsten Richter, Leiter Vertriebsunterstützung, Regionaldirektion Hamburg, Swiss Life Deutschland (links) und Dr. Stefan M. Knoll, Vorstandsvorsitzender, DFV Deutsche Familienversicherung AG.
Cash.: „Pflege als Armutsrisiko“, titelte die jüngst die „Süddeutsche Zeitung“. Dem Bericht zufolge konnten Heimbewohner mit Pflegestufe III im Jahr 1999 noch 72 Prozent der Kosten mit der gesetzlichen Pflegeversicherung decken, vierzehn Jahre später waren es nur noch 66 Prozent. Bei Heimbewohnern mit Pflegestufe II fiel der Kostendeckungsgrad im gleichen Zeitraum sogar von 84 auf 68 Prozent. Die Bundesregierung plant nun, dass der pflegebedingte Eigenanteil mit zunehmender Pflegebedürftigkeit nicht mehr ansteigen soll. Halten Sie das für umsetzbar?

Torsten Richter, Swiss Life Deutschland: Die Erfahrungen haben in der Tat gezeigt, dass der Eigenanteil für die Pflegebedürftigen immer weiter zugenommen hat. Und ich kann mir eigentlich nicht vorstellen, dass die Entwicklung in Zukunft eine andere sein wird, auch wenn die Bundesregierung das gern anders hätte. Umso mehr müssen wir als private Versicherungswirtschaft dafür plädieren, dass die Kunden rechtzeitig privat vorzusorgen haben und sich rechtzeitig Gedanken machen sollten, wie sie die Finanzierungslücke schließen wollen.

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Ellen Ludwig, [ascore] Das Scoring GmbH: Auch in Bezug auf die Rentenversicherung gab es den Willen, das Leistungsniveau nicht abzusenken – gesunken ist es trotzdem. Der gesetzlichen Pflege droht ein ähnliches Schicksal, weil sie vor dem Hintergrund der wachsenden Zahl der Pflegebedürftigen über das Umlageverfahren nicht mehr zu finanzieren sein wird – es sei denn, die Beiträge steigen enorm an, was in der Praxis wohl kaum durchsetzbar wäre, weil es viel zu teuer wäre.

Herr Dr. Knoll, glauben Sie auch, dass der Trend zu steigenden Eigenanteilen in der Pflege – trotz der hehren Absichten der Bundesregierung – auf lange Sicht nicht zu stoppen ist?

Dr. Stefan M. Knoll, DFV Deutsche Familienversicherung AG: Meine beiden Vorredner haben das sehr diplomatisch formuliert. Ich sage Ihnen: keine Chance. Wir werden derartige Ziele nicht erreichen, denn es ist nicht finanzierbar. Schauen Sie: Ich gehöre den geburtenstarken Jahrgängen an, das sind die Jahrgänge von 1955 bis 1965. Diese gehen in zehn Jahren in Pension und in zwanzig Jahren oftmals in die Pflegebedürftigkeit. Man muss es so hart sagen: Diese Bundesregierung, wie auch die letzten Bundesregierungen und die folgenden, haben keinerlei Konzept, wie wir mit der größten sozialpolitischen Herausforderung – und das ist nun einmal die Pflege – in Zukunft umgehen wollen. Zurzeit verzeichnet die Bundesrepublik die höchsten Steuereinnahmen ihrer Geschichte und dennoch steht lediglich eine schwarze Null zu Buche. Was machen wir eigentlich, wenn meine Generation in zehn Jahren Transferleistungen erhält? Wie soll das gehen?

Seite zwei: „Dynamiken stellen sich sehr unterschiedlich dar“

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