Neustart für die Pflege – das Dossier zum Thema

Die Bundesregierung will die Pflegeversicherung „zukunftsfest“ machen. Dies geht aus einem Referentenentwurf des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) hervor. Unter anderem soll der Beitragssatz zur Pflege­versicherung zum 1. Januar 2015 zunächst um 0,3 Prozentpunkte angehoben werden. Das ehrgeizige Vorhaben kann eine private Vorsorge allerdings nicht ersetzen.

Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU): “Verbesserungen in der Pflege sind ein Schwerpunkt dieser Bundesregierung. Deshalb werden wir die Leistungen für Pflegebedürftige und ihre Angehörigen schon zum 1. Januar 2015 deutlich verbessern.”

In der zweiten Stufe der Pflegereform, die noch in dieser Wahlperiode umgesetzt werden soll, werde der Beitragssatz um weitere 0,2 Prozentpunkte steigen, erklärt das BMG. Statt des heutigen Beitragssatzes von 2,05 Prozent wären dann also 2,55 Prozent fällig, Kinderlose müssten 2,8 Prozent zahlen.

Neben verbesserter Leistungen für Pflegebedürftige soll es eine Entlastung von pflegenden Angehörigen und Menschen in Pflegeberufen geben. Darüber hinaus soll die Umsetzung des sogenannten Pflegebedürftigkeitsbegriffs finanziert werden.

Durch die zweistufige Reform erhofft sich das Ministerium Mehreinnahmen von fünf Milliarden Euro pro Jahr. „Damit können die Leistungen aus der Pflegeversicherung um 20 Prozent verbessert werden“, heißt es.

62 Euro im Monat mehr für die Maximalversorgung

Konkret sollen Pflegebedürftige im Heim in der Pflegestufe I statt bislang 1.023 Euro künftig 1.064 Euro erhalten. In der Pflegestufe II und III sind 1.330 Euro und 1.612 Euro vorgesehen. Bislang gibt es 1.279 Euro beziehungsweise 1.550 Euro vom Staat.

Ein ambulanter Pflegedienst soll in der Pflegestufe I im kommenden Jahr mit 468 Euro bezuschusst werden, bisher sind es 450 Euro. Für die Pflegestufen II und III werden 1.144 Euro und 1.612 Euro veranschlagt. Bisher sind es 1.100 beziehungsweise 1.550 Euro.

Für die Maximalversorgung in Pflegestufe III soll es also 62 Euro mehr im Monat von der gesetzlichen Pflegeversicherung geben. Immerhin, wird sich so mancher Bundesbürger sagen.

Doch die finanzielle Lücke in der Pflege kann und will der Gesetzgeber damit nicht schließen. Nach Ansicht von Margit Winkler, Inhaberin des Instituts Generationenberatung aus Bad König, müssen je nach Pflegestufe monatlich zwischen 450 und 1.950 Euro aus eigener Tasche bezahlt werden.

Faustregel: Fünf Jahre Pflege kosten 100.000 Euro

„Fünf Jahre Pflege kosten im Schnitt rund 100.000 Euro“, sagt Winkler. „Wer im Ernstfall nicht in ein finanzielles Loch fallen möchte, sollte also gewappnet sein. Dazu hilft eine genaue Aufstellung der anfallenden Kosten und die sorgsame Überprüfung der Versicherungsleistungen.“ Nur so könne der eigene Lebensstandard auch im Pflegefall aufrecht erhalten werden, erklärt die Expertin.

Um die finanzielle Überforderung im Pflegefall zumindest zu lindern, hat der Gesetzgeber zum 1. Januar 2013 eine staatlich geförderte Pflegezusatzversicherung – den Pflege-Bahr – eingeführt. Ein entsprechender Vertrag kann ohne Gesundheitsprüfung bei privaten Krankenversicherern (PKV) abgeschlossen werden.

Die Branche zeigt sich über die bisherige Resonanz erfreut: „Schon jetzt haben weit über 400.000 Menschen solche Verträge abgeschlossen, Ende dieses Jahres werden es voraussichtlich mehr als eine Million sein“, sagt Volker Leienbach, Direktor des PKV-Verbandes.

Als Anreiz, um die Vorsorge-Lücke zu verringern, sei die geförderte Pflegezusatzversicherung „bestens geeignet“, betont Leienbach. „Denn schon ab zehn Euro Eigenbeitrag pro Monat gibt es fünf Euro staatliche Förderung, also bis zu 33 Prozent Zuschuss.“

Nicht allein auf Pflege-Bahr verlassen

Bürger, die sich allein auf den Pflege-Bahr verlassen, handeln aus Sicht der Versicherer allerdings unzureichend. „In der Regel werden in Pflegestufe III maximal 600 Euro geleistet. Ein Abschluss macht daher aus meiner Sicht nur Sinn als ergänzende und geförderte Maßnahme zu einer Pflegetagegeldversicherung“, sagt Rainer Gelsdorf, Geschäftsführer der Württembergischen Vertriebsservice GmbH. „Unser Hauptaugenmerk wird deshalb auch weiterhin auf den nicht staatlich geförderten Produkten, wie unserem Tarif PremiumPlus, liegen.“

Dr. Hartmut Holz, Leiter Produktmanagement bei der Basler Lebensversicherung, sieht es ähnlich: „Durch den gesetzlich vorgeschriebenen Rahmen für den Pflege-Bahr können die geförderten Produkte nur eine Ausschnittsdeckung bieten. Wer sich allein darauf verlässt, muss finanzielle Lücken akzeptieren, die er selber zu tragen hat.“ Eine umfassende Abdeckung der Pflegelücke sei nur mit ungeförderten Produkten darstellbar, so Holz. (lk)

Foto: CDU Deutschland / Shutterstock

Die neuesten Entwicklungen und Informationen rund um das Thema Pflege finden Sie unter folgenden Links:

16. April: 2014: „Das Thema Pflege ist salonfähig geworden“

8. April 2014: Pflegeversicherungen: Die Konzepte im Vergleich

12. März 2014: Pflege-Bahr hübscht PKV-Bilanz auf

6. März 2014: Trend Cross-Over-Deckungen: BU und Pflege in einem

25. Februar 2014: Große Koalition droht Lösung des „Jahrhundertproblems“ Pflege zu verspielen

18. Februar 2014: Persönliche Vorsorge-Vollmachten: Fünf vermeidbare Fehler

3. Februar 2014: Risiko Pflegefall: Partner weg, Haus weg – Die Tücken einer Vorsorgevollmacht

21. Januar 2014: Wiederanlagemanagement und Pflegevorsorge zusammenbringen

20. Januar 2014: Maklermanagement.ag startet „Jahr der Biometrie“

17. Januar 2014: Münchener Verein bietet Assistance im Segment Pflege

17. Dezember 2013: Cross- und Up-Selling-Potenziale in der Pflege

9. Dezember 2013: Deutsche sorgen nicht für den Pflegefall vor

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