Während zwar der Bedarf an Pflegeimmobilien aufgrund des demografischen Wandels weiter ansteigt, stellen steigende Grundstückspreise, politische Risiken, die Ertragsstärke der Betreibermodelle und ein Mangel an Pflegekräften Hürden für eine der gesellschaftlichen Nachfrage entsprechenden Versorgung mit modernen Pflegeimmobilien dar.
Entwicklung der Pflegebedürftigen unterschätzt
Bisherige Prognosen verschiedenster Stellen und Institute haben die Entwicklung der Anzahl der Pflegebedürftigen in Deutschland deutlich unterschätzt. „Während die meisten Prognosen von Mitte der 2000er bis Anfang der 2010er Jahre bis 2030 ungefähr 3 bis 3,5 Millionen Pflegedürftige erwarten ließen, gab es bereits 2019 fast 4,2 Millionen Pflegebedürftige“, sagt Jan-Bastian Knod, Head of Healthcare Advisory bei Cushman & Wakefield.
Für diese Pflegebedürftigen müssen ausreichend Pflegeplätze geschaffen werden. Das dafür notwendige Kapital steht zur Verfügung. „2020 verzeichnete der Pflegeimmobilieninvestmentmarkt mit 3,6 Milliarden Euro ein neues Rekordvolumen – und dennoch kamen längst nicht alle interessierten Investoren zum Zuge“, so Knod. Auch im ersten Quartal 2021 setzte sich der Nachfrageüberhang fort. Mit fast 850 Millionen Euro wurde das Vorjahresergebnis um 111 Prozent übertroffen.
Gleichzeitig treten immer mehr Akteure in den Markt ein. „Insbesondere wegen der Resilienz und Stabilität der Assetklasse während der Corona Pandemie und aufgrund der ESG-Offenlegungsverpflichtungen kommen weitere neue Investoren in den Markt“, sagt Knod.
Keine flächendeckende Versorgung sichergestellt
Obwohl also eine große gesellschaftliche Nachfrage besteht und gleichzeitig ausreichend Kapital zur Verfügung steht, kann eine flächendeckende Versorgung nicht sichergestellt werden. „Der Pflegeimmobilienmarkt wird durch ein politisches Risiko ausgebremst“, sagt Marc-Philipp Martins Kuenzel, Head of European Health Care Competence Center bei Swiss Life Asset Managers. „So können einzelne Bundesländer mit neuen Gesetzen wie beispielsweise der Pflicht zu Einzelzimmern in Bestandsimmobilien durch den daraus resultierenden Wegfall von Pflegeplätzen große Immobilienwerte reduzieren.
Darüber hinaus ist der deutsche Pflegemarkt überreguliert – während die Qualität der deutschen Pflegeimmobilien im europäischen Vergleich insbesondere im Neubau beinahe auf Luxusniveau liegt und zunehmend am für alle Beteiligten bezahlbaren Bedarf vorbeigebaut wird, fehlt es mit Blick auf die Pflegekräfte wiederum an attraktiven Anreizmodellen, die Engagement und Erfahrung in dem Beruf belohnen“, gibt Martins Kuenzel zu bedenken.
Enger Markt für die Grundstücksakquise
In diesem Umfeld stehen die Investoren von Pflegeimmobilien zusätzlich vor der Herausforderung, sich bei der Grundstücksakquise vor allem in innerstädtischen Lagen aufgrund der seit Jahren steigenden Grundstückspreise gegenüber anderen Assetklassen durchzusetzen. „Sowohl Grundstückspreise, als auch Baukosten beeinflussen am Ende in Verbindung mit der Pacht die Wirtschaftlichkeit des Betriebes einer Pflegeimmobilie. Die Pacht und die Bewirtschaftungskosten sowie die Auslastung bilden für den Betreiber die Grundlage für einen wirtschaftlich gesunden Betreib“, erläutert Gerald Klinck, CFO der Cureus.
„Mit dem Wissen, dass zu hohe Pachten für den Betreiber nur schwer refinanzierbar sind, können wir also nur Grundstücke zu angemessenen Preisen in dementsprechenden Lagen in Betracht ziehen. Darüber hinaus ist eine konsequente Standardisierung und Optimierung des Entwicklungs- und Bauprozesses, sowie der Immobilien an sich notwendig. Denn das sind die relevanten Hebel, um die Investitionskosten gering und die Pachten angemessen zu gestalten. Darüber hinaus wirkt sich die Standardisierung auch positiv auf die Bewirtschaftungskosten des Betreibers aus. Zusammengenomen sorgt dies für eine Win-Win-Win-Situation für Betreiber, Bewohner und Immobilieninvestor.“
Konsolidierung des Segments
Der wirtschaftliche Druck auf die Betreiber führt zu einer fortschreitenden Konsolidierung des Betreibermarktes. „Auch 2020 gab es wieder eine Vielzahl großer Übernahmen“, sagt Knod und nennt die Käufe der Mohring Gruppe und der Vital Wohnen Gruppe durch die Alloheim-Gruppe, die Übernahme der Qualivita Ag durch Korian sowie den Kauf der Deutsche Pflege und Wohnen durch die Argentum Gruppe.
„Diese Konsolidierung geht mit einer Professionalisierung einher, die für uns als Immobilieninvestor den Erfahrungsaustausch mit den Betreibern erleichtert und die zunehmend den Bau von ganzen Portfolios ermöglicht“, ergänzt Klinck. Aber auch der Investorenmarkt hat sich verändert.
„Erst in den vergangenen fünf bis zehn Jahren haben sich Pflegeimmobilien als Assetklasse bei institutionellen Investoren etabliert“, beobachtet Martins Kuenzel. Einmal in Pflegeportfolios investiert, sind Investoren von der Assetklasse überzeugt und Verkäufe für diese häufig nicht attraktiv.
„Zwar sind die Preise für Pflegeimmobilien massiv gestiegen, aber da vergleichbare Investitionsmöglichkeiten rar sind, ist es häufig interessanter, in Bestandsimmobilien investiert zu bleiben und von den teilweise sehr rentablen Ausschüttungsrenditen zu profitieren“, sagt Martins Kuenzel.