Das Anfang 2015 in Kraft getretene erste Pflegestärkungsgesetz und das Gesetz zur besseren Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf bringen für die Betroffenen manche Verbesserungen mit sich. Doch bei näherem Hinsehen wird klar, dass sie die Finanzierungslücke aus der gesetzlichen Pflegeversicherung nicht schließen werden.
Gastbeitrag von Dr. Stefan M. Knoll, DFV Deutsche Familienversicherung AG
In einer groß angelegten Anzeigenkampagne stellt der Bundesgesundheitsminister einige der ab Jahresanfang gültigen Neuerungen im Pflegebereich werbewirksam heraus.
Bei vielen Menschen dürfte das den Eindruck erwecken, dass der Staat das „Jahrhundertproblem Pflege“ mit den dort angepriesenen Leistungsänderungen wohl schon in den Griff bekommen werde und sie selbst deshalb zusätzlich nichts mehr tun müssten.
Ein großer Irrtum – und ein fatales Signal, das die „Alles-wird-gut-Mentalität“ bei uns nur noch weiter befördert.
Hohe Finanzierungslücken bleiben trotz Leistungsanpassungen bestehen
Die mögliche Nutzung der Tages- und Nachtpflege neben ambulanten Sach- und Geldleistungen sowie der Ausbau von Betreuungs- und Entlastungsleistungen sind sicher ein Fortschritt.
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Besonders herausgestellt wird darüber hinaus die Aufstockung des staatlichen Pflegegelds und der Pflegesachleistungen um vier Prozent, die einen Großteil der angepriesenen 2,4 Milliarden Euro an Leistungsverbesserungen ausmachen.
In Pflegestufe II führt dies gerade einmal zu einer Erhöhung der Leistungen um 20 beziehungsweise 48 Euro monatlich, in Stufe III sind es 28 beziehungsweise 62 Euro. Diese erst zweite Erhöhung seit Einführung der gesetzlichen Pflegeversicherung vor 20 Jahren reicht aber nicht einmal aus, um die inflationsbedingten Kostensteigerungen der Vergangenheit auszugleichen.
So bleiben die Finanzierungslücken zwischen den Leistungen aus der gesetzlichen Pflegeversicherung und den tatsächlich anfallenden Kosten auch weiterhin hoch. In der Pflegestufe II betragen sie schon heute monatlich rund 1.000 Euro, in Pflegestufe III über 1.300 Euro – und sie sind für viele Betroffene und ihre Familien ein erhebliches existenzielles Risiko. An dieser Tatsache hat und wird sich trotz aller Verbesserungen auch durch die Reform nichts ändern.
Seite zwei: Demenzleistungen auch weiterhin zu niedrig