Verzichtet ein gesetzlicher Erbe auf seinen Pflichtteilsanspruch und erhält dafür eine Abfindung von anderen Erben, richtet sich die Besteuerung der Abfindung – abweichend von der bisherigen Rechtsprechung – nach der zwischen den Erben maßgebenden Steuerklasse. Das hat der Bundesfinanzhof entschieden.
Im konkreten Fall verzichtete der Kläger im Jahr 2006 gegenüber seinen drei Brüdern auf die Geltendmachung seines Pflichtteilsanspruchs, für den Fall, dass er durch letztwillige Verfügung von der Erbfolge nach seiner Mutter ausgeschlossen sein sollte.
Als Gegenleistung wurde eine von den Brüdern jeweils zu zahlende Abfindung in Höhe von 150.000 Euro vereinbart. Schon 2002 hatte der Kläger von seiner Mutter Schenkungen im Wert von 1.056.232 Euro erhalten.
In einem ersten Verfahren zu diesem Streitfall hatte der BFH entschieden, dass die Zahlung der Abfindungen an den Kläger nicht als Schenkung der Mutter, sondern als drei Zuwendungen der Brüder an ihn getrennt zu besteuern seien (Urteil vom 16. Mai 2013, Az. II R 21/11).
Einspruch gegen Steuerbescheid blieb erfolglos
Basierend auf dieser BFH-Entscheidung erließ das zuständige Finanzamt (FA) für jede Schenkung einen eigenen Steuerbescheid. Zur Abfindung rechnete das FA jeweils den vollen Wert der Schenkungen der Mutter hinzu.
Davon abgezogen wurde der damals für Erwerbe von Kindern von ihren Eltern zustehenden Freibetrag (205.000 Euro). Als Steuersatz wandte das FA die Steuerklasse I für Kinder (19 Prozent) an und zog die bereits gezahlte Steuer für die Vorschenkungen der Mutter ab.
Ein Einspruch gegen diesen Steuerbescheid blieb erfolglos. Das daraufhin angerufene Finanzgericht (FG) Münster gab jedoch der Klage des Erben statt. Das FG berücksichtigte dabei lediglich den für die übrigen Personen der Steuerklasse I vorgesehenen Freibetrag in Höhe von damals 51.200 Euro.
Seite zwei: Entscheidend: Pflichtteilsverzicht vor oder nach dem Todesfall