Nach dem Hochwasser im Saarland und im Süden Deutschlands hat die Diskussion über eine Pflichtversicherung gegen Elementarschäden wieder Fahrt aufgenommen. Unter den deutschen Hausbesitzern spricht sich eine klare Mehrheit von 71 Prozent dafür aus. Jedoch geben auch 34 Prozent an, keine weiteren Kosten für ihr Wohneigentum tragen zu können. Zu diesem Ergebnis kommt eine repräsentative Umfrage des Vergleichsportals Verivox, die Ende Mai – noch vor dem Hochwasser in Süddeutschland – unter 1.014 privaten Hausbesitzern durchgeführt wurde.
Zwei von drei Hausbesitzern befürworten Pflichtversicherung
71 Prozent der befragten Hauseigentümerinnen und Hauseigentümer finden eine Pflichtversicherung gegen Elementarrisiken wie Starkregen, Hochwasser und andere Naturgefahren richtig. Damit setzt sich die breite Zustimmung zur Versicherungspflicht fort. In einer Verivox-Umfrage im Juli 2023 stimmten ebenfalls 68 Prozent der befragten Hausbesitzer dafür. Noch größere Zustimmung fand der Vorschlag mit 79 Prozent im Februar 2022, ein gutes halbes Jahr nach der Jahrhundertflut im Ahrtal.
Bereits seit einigen Jahren diskutiert die Politik über die Einführung einer Versicherungspflicht gegen Elementarrisiken für Hausbesitzer. Politische Unterstützung erhielt der Vorschlag jüngst unter anderen von den Ministerpräsidenten der Länder Baden-Württemberg, Bayern, Hessen und Nordrhein-Westfalen.
Nicht jeder erhält einen Elementarschutz
Wird die Elementarschadenversicherung Pflicht, müssen Versicherungsgesellschaften allen Hausbesitzern einen Elementarschutz anbieten. Aktuell steht ihnen diese Entscheidung frei, wodurch es insbesondere für Bewohner von Risikogebieten schwieriger sein kann, eine entsprechende Police abzuschließen. In der Verivox-Umfrage sprechen sich 81 Prozent dafür aus, dass Versicherer verpflichtet werden sollten, allen Hausbesitzern einen Elementarschutz anzubieten.
„Der Zugang zum Elementarschutz für Wohngebäude muss dringend verbessert werden“, sagt Wolfgang Schütz, Geschäftsführer der Verivox Versicherungsvergleich GmbH. „Vor allem die Gefährdung durch Starkregen und Überschwemmungen nimmt immer mehr zu. Wenn Versicherer die Absicherung von Elementarrisiken für ein Gebäude verweigern, haben Hausbesitzer kaum eine Chance, sich gegen entsprechende Schäden abzusichern.“
Für die meisten Hausbesitzer wäre es allerdings auch kaum möglich, für größere Unwetterschäden selbst aufzukommen. 29 Prozent geben an, überhaupt keine Rücklagen für ihr Haus zu haben. Im Schnitt haben die Befragten, die über Rücklagen verfügen, nur rund 17.000 Euro für Reparaturen und Instandhaltungen gespart. Laut dem Gesamtverband der Versicherer (GDV) lag beispielsweise die durchschnittliche Schadenhöhe nach der Flutkatastrophe im Ahrtal bei 42.100 Euro.
34 Prozent können keine weiteren Kosten tragen
Das FDP-geführte Bundesjustizministerium lehnt eine Versicherungspflicht ab und verweist auf zusätzliche Kosten von 100 bis 2.000 Euro pro Jahr, die Hausbesitzern dadurch entstünden. Nicht bei allen Hauseigentümern reichen die finanziellen Mittel für eine solche Mehrbelastung. Jeder Fünfte (20 Prozent) kann weniger als 2.000 Euro mehr ausgeben und weitere 34 Prozent geben an, gar keine weiteren Kosten tragen zu können.
„Für Bewohner von Hochrisikogebieten mit geringem finanziellem Spielraum kann es schwierig sein, die Kosten für eine Elementarschadenversicherung zu tragen. Denn auch bei einer Pflichtversicherung kalkulieren die Versicherer ihre Prämien nach dem individuellen Risiko“, erläutert Wolfgang Schütz.
Etwas mehr als die Hälfte sorgt sich vor weiteren Naturkatastrophen
56 Prozent der Befragten sorgen sich, dass Naturkatastrophen wie im Ahrtal in Zukunft auch in ihrer Region vorkommen können. Damit bleiben die Befürchtungen auf einem stabilen Niveau. In der Verivox-Umfrage im Juli 2023 äußerten 52 Prozent Sorgen vor Extremwettereignisse in ihrer unmittelbaren Umgebung. Unter dem Eindruck des Ahrtal-Unglücks befürchtete im Februar 2022 noch eine klare Mehrheit von 69 Prozent Naturkatastrophen in ihrer Region.
„Die eigene oder mittelbare Betroffenheit spielt eine große Rolle bei der Kalkulation von eigenen Risiken“, sagt Wolfgang Schütz. „Und trotzdem schließt auch dann nicht jeder einen Versicherungsschutz ab.“
Dafür sprechen auch die Umfrageergebnisse: 73 Prozent der Befragten, deren Haus schon einmal durch Naturereignisse wie Starkregen, Hochwasser oder Sturm beschädigt wurde, befürchten weitere Großschadenereignisse in ihrer Region. Von den Befragten, deren Haus bereits Schäden hatte, haben wiederum 62 Prozent eine Elementarschadenversicherung abgeschlossen. Insgesamt gibt etwas mehr als die Hälfte (59 Prozent) an, über einen Elementarschutz zu verfügen.
Methodik
Im Auftrag von Verivox hat das Marktforschungsinstitut Innofact Ende Mai 2024 insgesamt 1.014, Anfang Juli 2023 insgesamt 1.017 und Ende Februar 2022 insgesamt 1.024 Hauseigentümer befragt. Die Verivox-Umfrage wurde vor dem Hochwasser in Süddeutschland durchgeführt. Die Ergebnisse sind repräsentativ für private Hausbesitzer im Alter von 18 bis 79 Jahren, die selbst in ihrer Immobilie wohnen und in ihrem Haushalt für Entscheidungen rund um den Abschluss von Versicherungen zumindest mitverantwortlich sind.
Gefragt wurde: Nach großen Naturkatastrophen gab es in der Vergangenheit oft staatliche Hilfen für Geschädigte ohne ausreichenden Versicherungsschutz. Manche Experten fordern deshalb eine zusätzliche gesetzlicheVersicherungspflicht gegen Elementarschäden für Hausbesitzer, vergleichbar mit der Versicherungspflicht für Autofahrer. Dann müssten künftig nicht mehr die Steuerzahler für Schäden aufkommen. Fänden Sie eine solcheVersicherungspflicht gegen Elementarschäden richtig? / Aktuell können Versicherungen selbst darüber entscheiden, unter welchen Bedingungen sie eine Elementarschadenversicherung anbieten. Dadurch kann es für Bewohner besonders gefährdeter Gebiete schwierig sein, eine solche Versicherung abzuschließen. Finden Sie, Versicherungsunternehmen sollten verpflichtet werden, allen Hausbesitzern einen Elementarschutz anzubieten? / Welchen Betrag haben Sie für wichtige Reparaturen und Instandhaltungen an Ihrem Haus gespart? / Wie viel mehr könnten Sie jährlich für weitere laufende Kosten für Ihr Wohneigentum ausgeben? / Vor drei Jahren hat die große Flutkatastrophe im Ahrtal und anderen Teilen Deutschlands verheerende Schäden angerichtet. Im Mai 2024 zerstörte ein Hochwasser im Saarland mehrere Häuser. Machen Sie sich Sorgen, dass solche Naturkatastrophen auch in Ihrer Region in Zukunft öfter vorkommen könnten? / Wer sein Haus gegen Schäden durch Starkregen, Hochwasser und andere Naturgefahren versichern möchte, kann die Gebäudeversicherung um einen Schutz gegen Elementarrisiken erweitern. Haben Sie seit der Naturkatastrophe im Ahrtal im Sommer 2021 eine solche Elementarschadenversicherung abgeschlossen? / Wurde Ihr Haus bereits einmal durch Naturgewalten wie Starkregen, Hochwasser, Schneedruck, Sturmschäden oder umstürzende Bäume beschädigt?