Dr. Ralf Kantak, Vorstandsvorsitzender des privaten Krankenversicherers SDK, spricht über die „Systemfrage“, die Wachstumschancen in einem fordernden Umfeld und sagt, was er von Telematik-Tarifen hält.
Cash.: Angesichts des Nullzinsumfeldes sind die Verfechter einer Bürgerversicherung wieder lauter zu vernehmen. Jedes kapitalgedeckte System müsse unweigerlich ins Schlingern kommen, wenn es keine Zinsen mehr gibt, meint BdV-Chef Axel Kleinlein. Wie ernst ist die Lage für die private Krankenvollversicherung?
Kantak: Mit einer Solvabilitätsquote von über 500 Prozent nach Solvency II hat die SDK die Eigenmittelausstattung 2015 gegenüber dem Vorjahr sogar noch einmal gestärkt und erfüllt damit die Anforderungen deutlich. Selbst bei geringen Zinsen baut die PKV Alterungsrückstellungen auf, wohingegen die finanzielle Vorsorge der GKV bei null liegt. Auch die Vorteile auf der Leistungsseite, wie eine bessere Versorgung im Krankheitsfall und ein Leben lang vertraglich garantierte Leistungen, bestehen unabhängig von der Zinsentwicklung. Natürlich haben sinkende Zinsen eine Auswirkung auf die Beiträge, aber auch in der GKV steigen diese weiter an. Insofern müssen wir den Systemvergleich nicht scheuen, die PKV ist auch in Zeiten niedriger Zinsen die bessere Lösung.
Wie haben sich die jüngsten Beitragsanpassungen für Krankenversicherte bei der SDK ausgewirkt?
Die jüngsten Beitragsanpassungen der SDK waren wieder sehr moderat. In der Vollversicherung betrugen sie im Durchschnitt plus 0,2 Prozent, in der Zusatzversicherung plus 2,6 Prozent. Insgesamt lag die durchschnittliche Beitragsanpassung bei plus 0,6 Prozent, bezogen auf alle von der Beitragsanpassung betroffenen Tarife.
[article_line]
Mit welchen Tarifen in der Krankenvoll- sowie Krankenzusatzversicherung will sich die SDK im Wettbewerb behaupten?
Die betriebliche Krankenversicherung ist ein Wachstumsfeld für die SDK. Wir sind einer der führenden betrieblichen Krankenversicherer mit hoher Reputation und langjähriger Markterfahrung. Über 2.400 Firmen mit insgesamt mehr als 120.000 Arbeitnehmern sind bei uns versichert. Damit bestätigt sich die Erkenntnis, dass Firmeninhaber am Thema Gesundheit nicht mehr vorbei kommen. Die Absicherung der Gesundheit über den Arbeitgeber, zum Beispiel im Krankenhaus oder beim Zahnarzt, ist für viele Jobsuchende ein schlagkräftiges Argument, sich für eine Firma zu entscheiden. Auch mit der Vollversicherung und als Gesundheitsspezialist positionieren wir uns in den nächsten Jahren am Markt. Das bedeutet auch, dass wir nicht nur auf Produktlösungen, sondern auch auf Dienstleistungen setzen. Wie zum Beispiel mit der gesundwerker eG, der ersten Genossenschaft für betriebliches Gesundheitsmanagement.
Einige Anbieter arbeiten an sogenannten Telematik-Tarifen, die über Wearables Gesundheitsdaten an den Versicherer übermitteln. Wie steht Ihr Haus zu dieser Entwicklung? Wo sehen Sie Chancen, wo Risiken?
Sofern die Übermittlung von Gesundheitsdaten in Bonusprogrammen unabhängig vom Versicherungsschutz mündet, ist die Übermittlung von Gesundheitsdaten allein ein Datenschutzthema und hier ist die Branche sehr gut aufgestellt. Wenn die Gesundheitsdaten allerdings zukünftig in der Kalkulation berücksichtigt werden sollen, sehen wir das skeptisch. Mit einem generationenübergreifenden Tarifwerk seit 1972 verfolgen wir bei der SDK den Kurs großer Versicherungskollektive. Das ist einer unserer größten Wettbewerbsvorteile. Große Differenzierungen im Versichertenkollektiv können zu Schwierigkeiten führen. Das Versicherungsprinzip lebt von der Solidarität von Alten und Jungen, von Gesunden und Kranken und eben auch von Sportlichen und Unsportlichen. Außerdem gibt es keine Grundlage für die Berücksichtigung von Gesundheitsdaten in der Kalkulationsverordnung der PKV.
Interview: Lorenz Klein
Foto: SDK