Erfüllt ein PKV-Folgevertrag nicht die gesetzlichen Voraussetzungen einer Pflichtversicherung, ist die Kündigung des Altvertrags unwirksam. Dies entschied das Landgericht (LG) Nürnberg in einem aktuellen Urteil und führt die unwirksamen Klauseln auf.
In dem Streitfall wollte ein privat Krankenversicherter aufgrund einer Prämienerhöhung den PKV-Anbieter wechseln und schloss einen Vertrag mit einem britischen Versicherer.
Sein „altes“ Versicherungsunternehmen weigerte sich, den Wechsel anzuerkennen, da die Folgeversicherung nicht den hiesigen gesetzlichen Vorgaben entspreche. Hiergegen klagte der Versicherte.
Das LG Nürnberg gab in seinem Urteil vom 27. April 2017 (Az.: 2 O 7905/15) dem beklagten Versicherungsunternehmen recht und monierte im Detail folgende vertraglichen Regelungen des Folgeversicherungs-vertrags:
-> Selbstbehalt: Die Kostenerstattung für einzelne ambulante und stationäre Behandlungen seien zum Teil derart eingeschränkt, dass der maximal angegebene „Selbstbehalt“ von 5.000 Euro realistischerweise vom Versicherten nicht eingehalten werden könne. So seien die Kosten für Vorsorgeuntersuchungen beispielsweise auf 200 Euro im Jahr gedeckelt.
-> Informationspflichten: Bei einer Notfallaufnahme in ein Krankenhaus sei der Versicherte verpflichtet, den Versicherer innerhalb von zwei Tagen über die Aufnahme zu informieren. Tue er dies nicht, müsse er 25 Prozent der erstattungsfähigen Kosten selbst tragen. Eine hierzu eingerichtete Telefonhotline stehe nur mit britischer Auslandsvorwahl zur Verfügung.
-> Kostendeckelung bei Krankenhausaufenthalten: Die Kosten eines stationären Krankenhausaufenthalts seien auf die Dauer von zwölf Monate je Erkrankung begrenzt.
-> Keine Alterungsrückstellungen: Der Folgeversicherungsvertrag enthalte keine Alterungsrückstellungen.
-> Vertragswiderruf des Versicherers: Der britische Versicherer könne den PKV-Vertrag einseitig widerrufen. Diesem Aspekt komme in Hinblick auf den Brexit eine besondere Bedeutung zu und stelle ein realistisches Risiko dar. Zudem habe der Versicherer auch bei Nicht-Zahlung der Prämie ein sofortiges Kündigungsrecht.
In der Gesamtschau führen laut LG Nürnberg diese Klauseln dazu, dass „der Folgeversicherungsvertrag von den Anforderungen an eine substitutive Krankenversicherung nach Paragraf 146 Absatz 1 Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG) und damit von einer Pflichtversicherung nach Paragraf 193 Absatz 3 Versicherungsvertragsgesetz (VVG) weit entfernt ist“. (nl)
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