„Komplette Mitnahme der Altersrückstellungen kein zielführender Ansatz“

Brams: Schauen Sie sich die Entwicklung in den Niederlanden an: Nachdem die private Krankenversicherung dort abgeschafft wurde, sind die Leistungen geringer geworden und die Beitragssätze gestiegen. In der Folge sind viele Bürger von Venlo nach Düsseldorf gefahren, um sich zahnärztlich behandeln zu lassen – den heimischen Zahnarzt konnten sie aus eigener Tasche nicht mehr bezahlen. Da kann man schon stolz sein, wie unser Gesundheitswesen ausgestaltet ist.

Aber müssen Sie nicht auch schärfer auf die Kosten schauen? Man hört ja, dass die PKV dazu übergegangen ist, die Abrechnungen stärker zu prüfen…

Drexler: Bei der medizinischen Notwendigkeit von Leistungen haben wir keinen Ermessensspielraum, das ist uns so auferlegt. Aber natürlich haben wir auch eine Sorgfaltspflicht gegenüber dem Kollektiv und daher werden die eingehenden Rechnungen natürlich auch genau geprüft.

Die Kunden der PKV hatten eigentlich immer das Gefühl, dass auch sehr hohe Rechnungen, etwa bei Krebsbehandlungen, von ihrer Gesellschaft beglichen werden. Wie schädlich ist es dann für das Image, wenn sich Stimmen mehren, dass manche Leistung nicht übernommen wurde?

Brams: Das ist natürlich schädlich, aber man muss auch sagen, dass es sich dabei um Einzelfälle handelt. Es sind allenfalls krasse Außenseitermethoden und Fälle von Übermaßbehandlungen, die gegebenenfalls zu Unstimmigkeiten führen. Aber ansonsten gilt der Grundsatz der medizinischen Notwendigkeit.

Generell kann ich sagen, dass die Unternehmen, auch insbesondere bei schweren Fällen, ihre Versicherten nicht im Regen stehen lassen.

Albrecht: Die Kunden erwarten auch von einem Versicherer, dass gewisse Dinge kritisch gewürdigt werden: Zum Beispiel, wenn ein Zahnarzt für eine über 80-jährige Patientin einen Heil- und Kostenplan in Höhe von 50.000 Euro einreicht. Da erwartet der Versicherte natürlich schon, dass wir auch mal kritisch hinterfragen und nicht alles bezahlen. Entscheidend ist, mit seiner Leistungsstärke zur Verfügung zu stehen, wenn es wirklich darauf ankommt.

Das Gespräch führte Lorenz Klein, Cash.

Teilnehmer an der Gesprächsrunde:
Michael Albrecht, Hauptabteilungsleiter Maklervertrieb, Barmenia Versicherungen und Geschäftsführer der Adcuri
Alexander Brams, Vorstand Nürnberger Krankenversicherung
Udo Drexler, Geschäftsführer Consal Maklerservice (CMS)

Fotos: Stefan Malzkorn

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