Plansecur-Chef im Interview: „Das Thema Provisionsverbot ist im Grunde genommen nur verschoben“

Heiko Hauser
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Heiko Hauser

Cash.-Interview mit Heiko Hauser über sein erstes Jahr als Geschäftsführer von Plansecur, die Bedeutung von Künstlicher Intelligenz (KI) im Finanzvertrieb und ein mögliches Provisionsverbot

Sie leiten seit Jahresbeginn als alleiniger Geschäftsführer die Geschicke von Plansecur. Wie fällt Ihr persönliches erstes Fazit aus?

Hauser: Plansecur ist ein großartiges Unternehmen und es ist fantastisch, an einer führenden Stelle maßgeblich die Zukunft zu gestalten. Was mich neben aller Fachlichkeit, finanzieller Solidität und strategischer Ausrichtung vor allem begeistert, sind die Vertrauenskultur und die Wertschätzung. Das gilt gleichermaßen für das interne Verhältnis aller Beraterinnen und Berater sowie im Team der Servicezentrale wie auch mit der Kundschaft. Ich habe so etwas noch bei keinem anderen Unternehmen in der Branche gesehen.

Wie reagieren Kundinnen und Kunden auf die aktuelle Gemengelage aus Inflation, steigenden Zinsen und geopolitischen Spannungen? Welche Reaktionen bekommen Sie von Maklerinnen und Maklern zugespielt?

Hauser: Wir haben festgestellt, dass die Nachfrage nach einer individuellen persönlichen Beratung von Mensch zu Mensch gerade angesichts immer mehr überraschender und sich überlappender Krisen besonders hoch ist. Schon Corona war eine Art Feuertaufe für das enge Verhältnis zwischen Kundschaft und Beraterschaft, die in den allermeisten Fällen beide Seiten eng zusammengeschweißt hat. Dieses enge Band hält seitdem offenbar über alle anschließenden Entwicklungen, die als bedrohlich empfunden werden.

Der Chatbot ChatGPT ist das Thema der letzten Monate, die KI wird ganze Branchen und Berufsfelder umwälzen. Welche Potenziale ergeben sich aus solchen KI-Systemen für den Versicherungsvertrieb? Und wo liegen die Grenzen?

Hauser: KI ist sicherlich eine weitreichende Umwälzung. Aber überlegen Sie einmal, ob Sie die Frage nach Ihrer Altersversorgung inklusive biometrischer Risiken und Auswirkungen auf viele Jahrzehnte Ihres Lebens lieber mit einer KI oder mit einem Menschen besprechen wollen? Oder die Absicherung Ihrer Familie im Falle einer Berufsunfähigkeit oder gar im Todesfall? Oder alles, was Ihnen sonst noch in finanzieller Hinsicht wirklich – ich betone wirklich – wichtig ist? Die KI wird sich natürlich weiter entwickeln, aber die Lebenserfahrung, die Empathiefähigkeit, die Diskussion von Kundensituationen in einem Expertenkreis wird sie noch sehr lange nicht ersetzen können – wahrscheinlich niemals.

Setzen Sie in Ihrem Unternehmen bereits KI ein?

Hauser: Bisher setzen wir KI an den Stellen ein, wo es nicht um vertrauliche Daten geht. Vor allem in Kommunikation und Marketing gibt es Anwendungen, die zu ersten Effizienzsteigerungen geführt haben. Darüber hinaus verfolgen wir die Entwicklungen der Technologie intensiv. In unseren Kernprozessen – dort, wo es um Kundendaten geht – ist der Einsatz von KI für uns erst denkbar, wenn der Datenschutz gewährleistet ist.

In der Branche wird gebetsmühlenartig wiederholt, dass die persönliche Finanzberatung unersetzbar sei. Was macht Sie da eigentlich so sicher?

Hauser: Einfache Versicherungsprodukte können sicherlich immer mehr über das Internet abgeschlossen werden, und die KI hilft dabei. Aber Entscheidungen, die über Jahrzehnte hinweg reichen und von großer Tragweite sind, werden auf absehbare Zeit nicht per Klick und Wisch am Rechner oder Smartphone abgeschlossen. Wir stellen fest, dass die Kundschaft heute besser informiert ist, wenn sie in Beratungsgespräche eintritt. Aber die Fülle an Informationen im Internet ist für viele eher verwirrend und führt dazu, dass man in einem persönlichen Gespräch die eigene finanzielle Situation und Strategie besprechen möchte.

Die Ampel-Koalition feiert nach 20 Monaten Halbzeit. Wie zufrieden sind Sie mit der Arbeit der Ampel bisher – mit Blick auf den Finanzvertrieb?

Hauser: Bei der angespannten geopolitischen Lage wäre es wichtig, dass von der Bundesregierung Souveränität, klare Visionen und Ziele sowie eine Sicherheit für die Menschen ausgestrahlt werden. Sicherlich ist nicht nur bei mir das Gefühl entstanden, dass der Vorsprung und der Wohlstand, den wir in Deutschland haben, gefährdet ist. Diese Verunsicherung spüren wir immer wieder in vielen Beratungsgesprächen. Für unsere Kundschaft haben wir gute Antworten auf alle diesbezüglichen Fragen, aber es wäre gut, wenn auch die Bundesregierung in der Lage wäre, adäquate Antworten für das ganze Land zu geben. Bei der Finanzberatung planen wir in der Regel auf Jahrzehnte im Voraus; genau das würde ich mir auch von der Politik wünschen.

Wie groß war Ihre Erleichterung, als Sie erfahren haben, dass ein generelles Provisionsverbot vom Tisch ist?

Hauser: Aufatmen können vor allem Bürgerinnen und Bürger, die sich ansonsten eine professionelle Finanzberatung gar nicht leisten könnten. Zumal dies häufig genau der Personenkreis ist, der ohne eine derartige Beratung große Gefahr läuft, in Altersarmut zu geraten. Aber solange es Provisionen gibt, wird die Diskussion um ein Provisionsverbot nie vom Tisch sein, sondern vermutlich alle paar Jahre wieder aufkommen. Doch es gilt auch künftig zu bedenken, dass ein generelles Provisionsverbot das breite Angebot an Experten, die den Bürgerinnen und Bürgern bei Finanzfragen zur Seite stehen, massiv gefährden würde. Eine reine Honorarberatung würde den Großteil der Menschen schlichtweg von einer fundierten Finanzberatung abschneiden. Wahrscheinlich wäre ein Anstieg der Online-Abschlüsse die Folge, um Honorar zu sparen. Aber ich sage Ihnen voraus, dass dann sehr viele dieser Klick-und-Wisch-Abschlüsse am eigentlichen Bedarf der Menschen vorbeigingen. Viele Finanzfragen sind nun einmal derart komplex und miteinander verwoben, dass es einer intensiven Auseinandersetzung damit bedarf, um Lösungen zu erarbeiten, die den individuellen Bedürfnissen des Einzelnen entsprechen. Das stellt einen erheblichen Aufwand dar, und der muss nun einmal vergütet werden.

Noch nicht ganz vom Tisch ist ein Provisionsverbot für Makler bei Versicherungsanlageprodukten. Was würde das für den Markt bedeuten?

Hauser: Ich denke, das Thema ist nicht „Provision ja oder nein“, sondern es geht darum, Provisionsmodelle zu finden, die beiden Seiten und vor allem der Sache gerecht werden. So wird zwar bei manchen Produkten die komplette Provision zum Abschlusszeitpunkt gezahlt, um den Beratungsaufwand im Vorfeld abzugelten, doch tatsächlich besteht auch während der Laufzeit noch ein mehr oder minder großer Beratungsbedarf. Es werden zusätzliche Risiken eingeschlossen, Kinder kommen zur Welt, es wird verbeamtet, um nur drei Beispiele zu nennen. Wir sollten also zu Provisionssystemen kommen, bei denen weiterhin die große Beratungsleistung zu Beginn honoriert wird, aber trotzdem ein höherer Teil über die Vertragslaufzeit hinweg ausbezahlt wird, denn dadurch ist die fortlaufende Beratung am besten gewährleistet. Es gibt schon Produktanbieter, die sich in diese Richtung bewegt haben und ich könnte mir gut vorstellen, dass viele weitere diesem Modell folgen werden.

Jahrelange Unsicherheit wird der Branche aber schon aufgrund der Revisionsklausel nicht erspart bleiben, die ein vollständiges Provisionsverbot drei Jahre nach Einführung der neuen Regulierung ermöglicht. Wie gehen Sie damit um?

Hauser: Sie haben Recht, im Grunde genommen ist das Thema Provisionsverbot damit nur verschoben. Ich hoffe, dass auch künftig nicht das Kind mit dem Bade ausgeschüttet wird. Provisionsmodelle können und sollten in vielen Fällen auch angepasst werden. Aber sie generell zu verbieten würde ein breites Beratungsangebot vernichten und weite Teile der Bevölkerung von einer fundierten Finanzberatung abschneiden. Das kann kein Politiker wollen, schon gar nicht in einer Zeit, in der die selbstbetriebene Altersvorsorge längst eine wichtige Säule zur Verhinderung von Altersarmut geworden ist und damit zur sozialen Stabilität in unserem Land beiträgt.

Was steht für Ihr Unternehmen 2024 auf der Agenda?

Hauser: Die Gewinnung neuer Beraterinnen und Berater gehört 2024 zu unseren wichtigsten Zielen. Unsere Kundinnen und Kunden setzen für uns auf Expansion. Aber wir wollen nachhaltiges Wachstum: Es hat für mich höchste Priorität, auch künftig ausschließlich solche Beraterinnen und Berater zu gewinnen, die sich von unserer Werteorientierung angezogen fühlen und damit verantwortungsbewusst umzugehen wissen. Glücklicherweise suchen insbesondere junge Menschen immer stärker nach einem Arbeitsumfeld, in dem sie nicht nur gutes Geld verdienen, sondern in dem sie vor allem etwas Sinnvolles tun, das ihr Leben erfüllt. Ihnen zeigen wir eine langfristige Perspektive auf: Unsere Beraterinnen und Berater können sich als Gesellschafter am Unternehmen beteiligen, unsere Agenda mitbestimmen und die Ausrichtung unseres Unternehmens mitgestalten. Durch diese Struktur ist zudem gewährleistet, dass wir neue Kundenbedarfe schnell transportiert bekommen, um zeitnah, präzise und umfassend darauf reagieren zu können. Zusammen mit der schon angesprochenen einzigartigen Vertrauens- und Wertekultur stimmt mich dies für Plansecur weit über das Jahr 2024 hinausgehend äußerst optimistisch.

Die Fragen stellte Kim Brodtmann, Cash.

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