Damit ist es der auf Immobilienprojekte spezialisierten Plattform künftig möglich, klassische Kredite und Wertpapiere im Rahmen der EU-Verordnung europaweit als grenzüberschreitende Dienstleistung anzubieten.
Dabei kann – anders als bei den bisherigen qualifizierten Nachrangdarlehen der Plattform – auch ein unbedingter Rückzahlungsanspruch gegen den Darlehensnehmer vereinbart werden, also auch, wenn die Zahlungsverpflichtung zu dessen Insolvenz führen sollte. Zudem ist es nun auch möglich, für die Kredite echte bankenübliche Sicherheiten zu bestellen, so Andreas Zederbauer, Vorstand der Dagobertinvest AG. „Das qualifizierte Nachrangdarlehen als vermitteltes Produkt ist out!“, betonte er bei einer Online-Pressekonferenz.
Die jüngsten Entwicklungen auf den Immobilienmärkten zeigten deutlich, dass Investments in Immobilienprojekte meist keine Selbstläufer mehr sind. Immobilienentwickler sehen sich mit gestiegenen Baukosten und erhöhten Bankzinsen konfrontiert, während privaten Personen der Zugang zu Immobilien-Krediten erschwert wird. Als Resultat komme es derzeit vermehrt zu Verspätungen bei der Fertigstellung und Verkaufsprozesse nehmen mehr Zeit in Anspruch als geplant. Damit komme es auch zu teils verspäteten Rückzahlungen für Crowdinvestoren, räumte Zederbauer ein.
Eigenes Inkassoinstitut gegründet
„Bisher mussten Projektträger die Crowd-Darlehen nicht zurückführen, wenn dies ansonsten zu Liquiditätsproblemen geführt hätte. Das ändert sich nun: Mit Ende der vertraglich vereinbarten Darlehenslaufzeit ist fortan auch der Kredit fällig“, so Zederbauer. Sollte es diesbezüglich zu Problemen kommen, gebe es konkrete Hilfestellung für Anleger durch das im letzten Jahr gegründete Inkassoinstitut Dagobertinvest Service GmbH. Dieser Schritt werde zwar nicht unbedingt in der Regelung der ECSP vorgesehen, für die Plattform habe er sich jedoch als „logische Konsequenz“ ergeben, um die Interessen der Anleger im neuen Umfeld konsequent vertreten zu können.
Zielsetzung ist, auch die Durchsetzung der Rückzahlungsansprüche und die Verwertung von Sicherheiten zu „vercrowden“, so Zederbauer. Für den einzelnen Anleger ist es angesichts der geringen Investitionssummen in der Regel wenig sinnvoll, Ansprüche individuell mit anwaltlicher oder gar gerichtlicher Hilfe durchsetzen zu wollen. Sie sollen durch das Inkassobüro gebündelt werden, das auch als Sicherheitentreuhänder fungiert und die Sicherheiten eintreibt, sofern notwendig.
Allerdings sieht Zederbauer dies offenbar nicht als automatische Serviceleistung der Plattform für den Fall an, dass eines der von ihr vermittelten Projekte floppt. Vielmehr müssen die Anleger, die sich für den Service entscheiden, eine Gebühr von 0,5 Prozent der Investitionssumme pro Jahr zahlen.
Expansion nach Osteuropa gestartet
Trotz gestiegener Sicherheiten und einer besseren Rechtsstellung gebe es beim Crowdinvesting nach wie vor im Verhältnis zu anderen Investmentformen die mitunter höchsten Renditen am Markt. „Die Entwicklung von Immobilien ist auch weiterhin mit Risiken verbunden und Immobilienentwickler setzen auf Mezzanine-Finanzierungen, um die Finanzierungslücke zwischen Eigenkapital und Baukredit zu schließen. Deswegen sind die Projektträger auch nach wie vor dazu bereit, höhere Zinsen zu zahlen“, erklärte Zederbauer.
Dagobertinvest stellt derzeit bei den unter der ECSP-Verordnung laufenden Projekten zwischen acht und zwölf Prozent Zinsen pro Jahr in Aussicht. Es handle sich immerhin auch um Risikokapital, wie Zederbauer betonte. Emissionen, die gut abgesichert sind und für den Projektträger als Fremdkapital (und nicht als Eigenkapital-ersetzend) anzusehen sind, werden dabei eher im Bereich von acht bis zehn Prozent liegen, die anderen darüber.
Mit dem Erhalt des ECSP-Lizenz startet nun auch die bereits angekündigte Expansion von Dagobertinvest nach Ost- und Südosteuropa, zunächst nach Tschechien. Hierfür hatte das Unternehmen bereits 2022 sowie im Frühjahr dieses Jahres in zwei Aktienemissionen Gelder eingesammelt. „Tschechien ist unser erstes Ziel. Hier haben wir bereits vor Monaten mit der Planung begonnen und auch schon ein Büro bezogen. Der Startschuss ist nun gefallen. Sukzessiv werden dann weitere Länder folgen“, so Zederbauer. Nach Tschechien sollen zunächst die Slowakei und Polen folgen, danach unter anderem Ungarn, Rumänien und Bulgarien.