Der Ölpreis ist in diesem Jahr bereits kräftig gestiegen. Die Volkswirte der Postbank erwarten, dass das aktuelle Preisniveau noch keineswegs das Ende des Aufwärtstrends darstellt.
Auf bis zu 135 US-Dollar soll der Preis für ein Fass der Nordsee-Ölsorte Brent in den kommenden zwölf Monaten klettern. Zu Jahresbeginn hatte ein Fass dieser Sorte noch rund 105 US-Dollar gekostet. Seitdem stieg der Preis bereits auf 125 US-Dollar an.
„Dieser Anstieg ist zum Teil eine unerwünschte Nebenwirkung der expansiven Geldpolitik, mit der die Notenbanken in Europa und den USA die Finanzmarktkrise bekämpft haben“, sagt Dr. Marco Bargel, der Chefvolkswirt der Bonner Postbank: „Letztlich steckt hinter dem Preisanstieg die Erwartung, dass die expansive Geldpolitik tatsächlich die Konjunkturentwicklung stützt und damit zu einer hohen Nachfrage nach Erdöl beiträgt.“
Angst vor Militärschlägen kein Preistreiber
Die geopolitische Lage hat nach Bargels Einschätzung dagegen beim jüngsten Ölpreisanstieg kaum eine Rolle gespielt. Es gäbe deutliche Indizien, dass die politische Auseinandersetzung mit dem Iran und ein möglicher bevorstehender Militärschlag gegen den ölreichen Golfstaat kaum für die aktuellen Preissteigerungen verantwortlich seien. „Die wesentlichen Treiber für den Ölpreis sind derzeit die physische Nachfrage für die Produktion sowie das Verhalten der Notenbanken“, meint Bargel.
Und weiter: „Auch das Verhalten nicht-kommerzieller Anleger spricht dafür, dass der Ölpreis weiter steigen wird. Die Erwartung dieser Investoren, die Öl nicht wie eine Fluggesellschaft für ihr originäres Geschäft benötigen, sondern lediglich an der Preisentwicklung partizipieren wollen, lässt sich an der sogenannten Netto-Long-Position erkennen. Ist dieser Saldo positiv, rechnen die nicht-kommerziellen Anleger mit einem steigenden Ölpreis.“ Aktuell dürften die Beruhigung in Sachen Staatsschuldenkrise und die robuste Konjunkturentwicklung für einen hohen Wert sorgen, so der Chefvolkswirt.
Wenig spricht für sinkende Preise
Bargels Befürchtung: Je länger die Leitzinsen niedrig und die Liquiditätsausstattung der Banken hoch bleiben, desto größer wird auch die Gefahr, dass Spekulationen auf den Ölpreis zunehmen und diesen in die Höhe treiben.
Den größten Effekt auf das Preisniveau hätte aber eine tatsächliche Beschränkung der Öllieferung: „Sollte es allerdings tatsächlich zu einer militärischen Auseinandersetzung mit dem Iran und damit zu einer sofortigen Verknappung des Ölangebots kommen, könnte sich der Ölpreis binnen kurzer Zeit von heutigem Niveau aus verdoppeln.“ (mr)
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