Zinssenkung im September wahrscheinlich, doch Fed-Präsident bleibt darüber hinaus sehr vage. Die Wirtschaftslage sei stabil, doch die Reaktion auf den Handelsstreit nicht prädeterminiert. Ein Kommentar von Christian Scherrmann, Volkswirt USA bei DWS.
In Zeiten erhöhter politischer Unsicherheit haben es auch Zentralbanken nicht leicht, eine klare Botschaft zu vermitteln. Dies zeigte sich sehr deutlich bei der jüngsten geldpolitischen Entscheidung der Federal Reserve. Das obligatorische Pressestatement und die Frage-und-Antwort-Runde im Anschluss lieferten den Märkten wenig konkrete Antworten für den Grund der Leitzinssenkung.
Einzelne Teilnehmer bemühten drei Gründe
Etwas mehr Einblick in die aktuelle Gemütslage der amerikanischen Notenbanker erhofften sich Marktteilnehmer vom Sitzungsprotokoll, welches am Mittwoch veröffentlicht wurde. Doch auch hier wurde man auf der Suche nach Konkretem enttäuscht.
Die einzelnen Teilnehmer der Notenbanksitzung bemühten gleich drei verschiedene Gründe in jeweils unterschiedlicher Gewichtung für die Entscheidung. Zwar sei der wirtschaftliche Ausblick günstig, doch mache man sich Sorgen über die Entwicklung der globalen Konjunktur – auch aufgrund des Handelskonflikts.
Die durch ihn bereits angerichteten Schäden (Grund 1), sowie die noch erwarteten negativen Effekte (Grund 2) sollten durch die Zinssenkung kompensiert werden – Risikomanagement wurde dies genannt. Ferner hatte man grundsätzliche Bedenken (Grund 3) in Bezug auf die aktuelle Ausrichtung der Geldpolitik.
Ziel: Angemessene Reaktion
Die Inflation ist weiterhin schwach und Lohndruck bleibt, trotz niedriger Arbeitslosigkeit, recht moderat. Zwei der Notenbanker sprachen sich gar gegen eine Anpassung aus, zwei weitere plädierten für eine noch stärkere Senkung der Leitzinsen. Grundsätzlich, so die vermeintliche Einigkeit, sei die geldpolitische Anpassung nicht als der Einstieg für weitere automatische Zinssenkungen zu verstehen, sondern als Versicherung, welche je nach Entwicklung und Datenlage aufgestockt werden könne.
Nach dieser recht schwammigen Ausgangslage lagen große Hoffnungen auf der Eröffnungsrede des Fed Präsidenten Jerome Powell bei der alljährlichen Notenbankkonferenz im malerischen Jackson Hole, Wyoming. Powell versicherte erneut, dass man angemessen auf Risiken und potentielle Schwächen der Wirtschaft reagieren würde, jedoch gab er keine Hinweise auf ein aggressiveres Vorgehen oder gar einen Zinssenkungs-Automatismus.
Keine konkreten Regeln zur Reaktion
Allerdings fand Powell klare Worte für die Entwicklungen seit dem letzten Zinsentscheid. So sieht die Fed Anzeichen dafür, dass sich das globale Wachstum, auch als Konsequenz des Handelskriegs, weiter verlangsamen könnte. Anderseits gibt es keine konkreten Regeln, wie die Geldpolitik auf den Handelskonflikt zu reagieren habe. Die breitgefächerten Kommentare seiner Kollegen am Rande der Veranstaltung spiegeln eben jene Diversität wieder, die man bereits vom Sitzungsprotokoll kannte.
Seite 2: Powell’s Ziele