Die Frist zur Abgabe der Feststellungsanträge rückt immer näher. Nach dem holprigen Start und der Tatsache, dass bis Anfang September für die knapp 36 Millionen neu zu bewertenden Grundstücke lediglich knapp 18 Prozent der Grundsteuererklärungen abgegeben wurden, stellte Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) die Möglichkeit einer Fristverlängerung in den Raum. Laut Medienbericht der ,,WirtschaftsWoche‘‘ habe ein Sprecher des Bundesfinanzministeriums einer möglichen Fristverlängerung allerdings eine Absage erteilt. So hieß es: ,,Eine Verlängerung über Ende Oktober hinaus berge die Gefahr, dass die Kommunen ihre Aufgaben nicht rechtzeitig erfüllen könnten. Dadurch drohen Steuerausfälle mit allen bekannten Folgen für die Haushalte, auch die der Länder und des Bundes. Grundsätzlich könnten die Länder die Frist jedoch nach eigenem Ermessen festsetzen.‘‘ Eine bundesweit einheitlich gewährte Fristverlängerung dürfte damit unwahrscheinlich sein.
Auch landeseigenen Unternehmen mit viel Grundbesitz, wie zum Beispiel Wohnungsbaugesellschaften, wurde durch die Finanzministerien und Senatsverwaltungen mitgeteilt, dass eine Fristverlängerung nicht in Betracht käme, konkreten Anträgen auf Fristverlängerungen wurde Medienberichten zufolge von den zuständigen Behörden bereits eine Absage erteilt.
Die Finanzverwaltung hat bereits begonnen, die ersten Grundsteuerwertbescheide zu verschicken, bundesweit sollen es derzeit rund 230.000 Bescheide sein.
Probleme bei der Datenerfassung
Diese Entwicklung ist angesichts der bisherigen Resonanz bedenklich. Immerhin konnte „Elster“ nicht mal dem kleinen ersten Ansturm standhalten. Über 80 Prozent der Grundsteuerwerterklärungen müssen über „Elster“ abgegeben werden, was die Finanzverwaltung in den letzten Tagen der Abgabefrist völlig überfluten würde, wenn sich alle an diese Frist hielten.
Das ist noch längst nicht das einzige Problem, denn für große Teile der Bevölkerung, wie zum Beispiel Eigenheimbesitzer in eher gesetztem Alter, stellt die Anforderung einer Steuererklärung im Digitalformat weiterhin eine erhebliche Belastung dar. Darüber hinaus haben viele Steuerpflichtige Probleme mit dem Ausfüllen der konkreten Formulare, wie sich anhand der Zahlen der bisher abgebeben Erklärungen nur unschwer erkennen lässt. Zudem ergab eine repräsentative Umfrage des rbb im Raum Berlin Brandenburg, in dem das Bundesmodell gilt, dass ,,36 Prozent der Steuerpflichtigen Probleme mit den Formularen haben und sich Hilfe organisieren müssen. 40 Prozent kritisieren die Formulierungen der Fragebögen.‘‘ Die Probleme fangen schon bei den grundlegendsten Angaben an. So stellt sich für viele die Frage, wer die Erklärung abzugeben hat, was überhaupt zur Wohnfläche zählt und wie der Bodenrichtwert für das Grundstück zu ermitteln ist. Die Liste solcher Fragen ist lang. Auch auf Nachfrage bei der Finanzverwaltung wird nicht immer hilfreiche Auskunft erteilt. Steuerberater winken in vielen Fällen mangels Kapazitäten ab, insbesondere kleinere Steuerberatungskanzleien ist es schlichtweg nicht möglich, sich Anfragen zur Grundsteuerreform anzunehmen, sei es aus organisatorischen oder fachlichen Gründen.
Rechtsfolgen bei einer verspäteten Abgabe
Zum jetzigen Zeitpunkt kommt eine Fristverlängerung nur auf Antrag und im Einzelfall in Betracht. Eine wiederholte Fristsetzung durch die Finanzverwaltung ist möglich, ein Anspruch hierauf besteht aber nicht. In allen Fällen, in denen die Grundsteuererklärung nicht fristgerecht abgegeben wird, drohen hohe Strafen, wenn auch „erst“ nach Anmahnung der Abgabe der Erklärung und nach Androhung von Zwangsmaßnahmen. Üblich wären dann Verspätungszuschläge und Bußgelder bis zu 25.000 Euro, wobei die Finanzverwaltung bei Ersteren ausnahmsweise und bei Letzteren üblicherweise einen Ermessensspielraum besitzt. Eine weitere Möglichkeit der Finanzverwaltung ist der Erlass von Schätzungsbescheiden, welche für den Steuerpflichtigen wegen regelmäßig zu hoher Schätzung nachteilig sind und nicht von der Abgabe der Erklärung entbinden.
Alles in allem stellt die starre Frist eine unverhältnismäßige Belastung für die Finanzverwaltung, die Wirtschaft und die Bevölkerung dar. Es wäre sachgerecht, die Frist zur Abgabe der Grundsteuererklärung zu verlängern, um einem Kollaps entgegenzuwirken. Es ist wohl kaum zweckdienlich, die Finanzverwaltung zu dem jetzigen Zeitpunkt mit der Verfolgung der verspäteten Erklärungen zu belasten, wenn die Neubewertung der Grundstücke für sich genommen bereits eine erhebliche Herausforderung darstellt.
Steuerberater Andreas Lichel ist seit 2007 Steuerpartner bei Mazars in Berlin. Rechtsanwalt und Diplom-Finanzwirt Patrick Wolff ist seit 2007 bei Mazars beschäftigt und als Senior Manager tätig.