Frank Lamsfuß, Vertriebsvorstand der Barmenia Versicherungen, spricht über die Scheu der Deutschen vor dem Kapitalmarktrisiko und die Herausforderungen, die mit einer steigenden Lebenserwartung einhergehen.
Cash.: Einige Branchenbeobachter sind der Ansicht, dass die verstärkte Kapitalmarktorientierung der alternativen Leben-Produkte zu einer wachsenden Konkurrenzsituation mit anderen Kapitalmarkt-Produkten führt. Welche vertrieblichen Ansätze sehen Sie, um dieses Risiko zu minimieren?
Lamsfuß: Die fondsgebundene Rentenversicherung (FRV) hat gleich mehrere Vorteile gegenüber einem Fondssparplan und bietet daher ausreichend vielfältige vertriebliche Ansätze im Beratungsprozess mit dem Kunden. Zuerst einmal werden die Erträge im Vergleich zum Fondssparplan wesentlich geringer besteuert. Wer sich seine erst ab dem 62. Lebensjahr auszahlen lässt, bezahlt nur auf die Hälfte der Erträge Steuern. Beim Fondssparplan hingegen werden die Erträge voll mit der Abgeltungssteuer von 25 Prozent zuzüglich des Solidaritätszuschlags und der Kirchensteuer besteuert. Außerdem müssen reine Fondssparer während der Laufzeit sämtliche Dividenden- und Zinszahlungen versteuern. Bei einer FRV bleiben diese Erträge innerhalb des Versicherungsmantels steuerfrei. Ganz entscheidend wird der Nachteil der Fondssparpläne, wenn man in den letzten Jahren vor Rentenbeginn in sichere Anlagen umschichten möchte, um das Risiko aus den Aktienfonds herauszunehmen. Dann müssen die vorzeitigen Gewinne beim Fondssparplan sofort versteuert werden. Bei der FRV kann man hingegen ohne steuerliche Nachteile umschichten und eventuelle Gewinne erst einmal steuerfrei mitnehmen. Weitere Vorteile sind, dass etwa keine Ausgabeaufschläge für die gezeichneten Fonds anfallen. Zudem sind Fondswechsel innerhalb des Vertrages kostenfrei möglich.
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Die Aktuare gehen in ihren Kalkulationen von einer weiter steigenden Lebenserwartung aus. Dennoch ziehen viele Menschen zum Ende der Vertragslaufzeit eine Kapitalauszahlung einer lebenslangen Rente vor. Machen die Versicherer zu wenig aus ihrem Alleinstellungsmerkmal?
Kein Produkt außer einer Rentenversicherung gibt die Gewissheit eines verlässlichen lebenslangen Einkommens. Allerdings sind viele Menschen nicht bereit, einen großen Teil des Vermögens in eine lebenslange Rente umzuwandeln. Sie wollen schlichtweg nicht die Kontrolle und die Zugriffsmöglichkeiten auf das Kapital aufgeben. Dabei akzeptieren sie auch, dass Kapitalauszahlungen deutlich höher besteuert werden als Leibrenten. Wir beraten den Kunden über die möglichen steuerlichen Auswirkungen und zeigen Alternativen auf. Welche Variante er dann wählt, bleibt letztlich ihm selbst überlassen. Aus diesem Grund haben wir die Optionen in der Ablaufphase äußerst flexibel gestaltet: Kunden haben die Wahl zwischen lebenslanger Rentenzahlung, Einmalzahlung des angesparten Kapitals, einer Kombination aus beidem sowie einer Teilrente und einer Liquiditätsreserve.
Die neue europäische Finanzdirektive Solvency II erhöht den Druck auf die Branche, sich aus garantielastigen Produkten zurückzuziehen, da sie viel Kapital erfordern. Inwieweit wirken sich die Vorgaben aus Brüssel auf die Produktstrategie der Barmenia aus?
Der Kunde darf davon ausgehen, dass die Versicherer noch besser als in der Vergangenheit auf Risiken, beispielsweise ungünstige Entwicklungen am Kapitalmarkt, vorbereitet sind. Gleichwohl wird Solvency II für Veränderungen sorgen. Es wird darauf ankommen, in die Produkte Garantien und Optionen einzubauen, die der Kunde wünscht. Wir glauben, dass Garantien auch in Zukunft wichtig bleiben, weil sie Verlässlichkeit und Sicherheit bieten. Letztlich benötigt der Kunde eine qualitativ hochwertige Beratung, um einen passgenauen Mix aus den verschiedenen Möglichkeiten für seine Altersvorsorge zu erhalten.
Interview: Lorenz Klein
Foto: Barmenia