Der BGH ignoriert in seiner aktuellen Entscheidung zur Prospekthaftung erneut, dass der Prospekt von einem WP abgesegnet worden war und watscht den Prüfer ziemlich rüde ab.
Der Löwer-Kommentar
Mit dem in der vergangenen Woche veröffentlichten Beschluss weist der Bundesgerichtshof (BGH) die Revision gegen ein Urteil des OLG Karlsruhe zurück (II ZR 104/13). Obwohl der BGH die Revision mangels grundsätzlicher Relevanz überhaupt nicht erst zulässt, begründet er lang und breit, warum sie ohnehin keine Aussicht auf Erfolg gehabt hätte.
In dem Fall ging es um einen Immobilienfonds aus dem Jahr 1998, bei dem der geschäftsführende Gründungsgesellschafter und Initiator des Fonds auch Gesellschafter der Verkäufer der Objekte war.
Verflechtungen nicht ausreichend offen gelegt
Dass Anleger über eine solche Verflechtung informiert werden müssen, ist schon länger klar. So enthielt der Prospekt durchaus entsprechende Hinweise und die vom BGH zitierten Passagen legen nahe, dass der wenig später verstorbene Unternehmer gar nicht die Absicht hatte, die Verflechtungen zu verschleiern.
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Die Angaben reichten laut BGH jedoch nicht aus, insbesondere nicht hinsichtlich seiner persönlichen Beteiligung an der Unternehmensgruppe bzw. den Verkäufergesellschaften und der damit für ihn verbundenen „konkreten Chance, (…) erhebliche finanzielle Sondervorteile zu erlangen“.
Der Hinweis auf die Verflechtungen muss laut BGH in jedem Fall erfolgen. Ob die Konditionen des Geschäfts üblich waren und dem Fonds keine Nachteile oder sogar Vorteile gebracht haben, spielt dabei keine Rolle, so das Gericht.
WP-Behauptung „in keiner Weise begründet“
Ausbaden muss den Fehler nun – 17 Jahre später – die Witwe des Initiators. Ihr hilft auch nicht, dass der Wirtschaftsprüfer (WP) in seinem Prospektprüfungsbericht festgestellt hatte: „Die übrigen Gesellschaften sind sowohl kapitalmäßig als auch personell verflochten. Diese Verflechtungen wurden zutreffend im Prospekt dargestellt.“
Der BGH kanzelt dies als eine „in keiner Weise begründete und im Hinblick auf die rechtlichen Anforderungen an die Aufklärungspflicht unzutreffende Pauschalbehauptung“ ab. Autsch.
Angelastet wird das jedoch keineswegs dem WP, sondern dem damaligen Initiator und damit nun dessen Erbin. Die Richter haben zudem offenbar Zweifel, ob die Prüfung durch einen externen Berater den Gründungsgesellschafter in einem solchen Fall überhaupt entlasten könnte. Dies könne aber „dahinstehen“.
Seite zwei: Auch Vertrieb haftet trotz WP-Gutachten