Dabei bezieht sie sich auf die Generalklausel im KAGB, wonach ein AIF-Prospekt unabhängig von dem Katalog der Mindestangaben alle Informationen enthalten muss, „die erforderlich sind, damit sich die Anleger (…) ein begründetes Urteil bilden können“. Anders als 2006 kann die BaFin einen Prospekt somit durchaus untersagen, wenn sie Widersprüche oder inhaltliche Lücken feststellt, auch wenn er formal vollständig ist.
Hinzu kommen die generelle Aufsicht und die umfangreichen Vorschriften für die KVG selbst. Allerdings: Da eine inhaltliche Prüfung der Behörde bei Publikums-AIF nicht vorgeschrieben ist, scheint es eher dem Zufall überlassen zu sein, ob die Beamten über „Inkohärenzen“ stolpern oder nicht. Zudem betont Kula, dass eine Prüfung auf Richtigkeit der Angaben im Prospekt auch nach KAGB nicht stattfinde.
Der Vertrieb ist insofern gut beraten, weiterhin auch bei AIF eine Plausibilitätsprüfung vorzunehmen, auch wenn dieses Thema zuletzt deutlich an Brisanz verloren hat und eine unterlassene Prüfung allein – entgegen einer noch immer verbreiteten Ansicht – keinen Schadenersatz begründet.
Keine BaFin-Prüfung auf Plausibilität
Das gilt auch für Vermögensanlagen-Prospekte. Auf die Frage, inwieweit der Vertrieb auf Basis der BaFin-Prüfung davon ausgehen kann, dass die heutigen Prospekte später einer eventuellen gerichtlichen Prüfung (wenigstens) in Hinblick auf die generelle Plausibilität standhalten, antwortet die BaFin-Sprecherin: „Eine ‚generelle Plausibilität‘ ist nicht vom Prüfungsumfang nach dem VermAnlG umfasst.“
Aufgrund der Haftungsregelung im VermAnlG, wonach der Prospektherausgeber für den Inhalt verantwortlich ist, könne die BaFin „nicht ausschließen, dass ein Zivilgericht im Rahmen einer Gesamtschau zu einer anderen Bewertung im Hinblick das Vorliegen wesentlicher Angaben gelangt, da Gerichte in ihrer Rechtswürdigung frei sind“, so Kula weiter.
Auch wenn das wenig verlässlich klingt, festzuhalten bleibt: Die Rechtssicherheit für den Vertrieb – sowohl bei Vermögensanlagen als auch bei Publikums-AIF – ist heute ohne Frage erheblich höher als 2006. Genau wissen werden wir dies im Einzelfall jedoch erst, falls einer der heutigen Prospekte eines Tages beim BGH landen sollte.
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Stefan Löwer ist Chefanalyst von G.U.B. Analyse und betreut das Cash.-Ressort Sachwertanlagen. Er beobachtet den Markt der Sachwert-Emissionen als Cash.-Redakteur und G.U.B.-Analyst insgesamt schon seit mehr als 25 Jahren. G.U.B. Analyse gehört wie Cash. zu der Cash.Medien AG.
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