Der Bundesgerichtshof (BGH) hat erstmals einen Fondsprospekt als fehlerhaft beurteilt, der von der Finanzaufsicht BaFin gestattet worden war und bezeichnet ihn als „irreführend“ und „widersprüchlich“. Der Löwer-Kommentar
„Dass schon der Titel eines von der BaFin gestatteten Prospekts sich als rechtswidrig entpuppt und eine Haftung auslöst, macht einigermaßen fassungslos.“
Das in der vergangenen Woche veröffentlichte Urteil richtet sich gegen den Treuhandkommanditisten des Fonds, es dürfte aber auch für den Vertrieb relevant sein (III ZR 489/16).
Der Prospekt des geschlossenen Immobilienfonds stammte vom März 2006 und war demnach von der BaFin nach dem damaligen Verkaufsprospektgesetz, also dem Vorläufer des heutigen Vermögensanlagengesetzes (VermAnlG), geprüft und gestattet worden. Trotzdem muss der Treuhandkommanditist nun Schadenersatz aus Prospekthaftung leisten – und zwar aus der Haftung „im weiteren Sinne“, die auch für den Vertrieb gilt.
Brisant: In dem Urteil geht es nicht etwa um Insiderwissen oder andere Hintergrundinformationen, die dem Treuhänder bekannt gewesen wären, im Prospekt aber verschwiegen wurden. Vielmehr war der Prospekt nach Meinung des BGH in sich widersprüchlich.
„Gezielte Desinformation“
Zum Verhängnis wurde dem Treuhänder, dass der Fonds als „Altersvorsorgefonds“ betitelt worden war und auch im Innenteil des Prospekts als besonders für die Altersvorsorge geeignet dargestellt wurde.
Das Angebot unterschied sich nach dem Urteil des BGH jedoch nicht von anderen (gewöhnlichen) Immobilienfonds mit Totalverlustrisiko und sah auch keine besonderen Sicherungsmechanismen vor. Darüberhinaus war es zum Teil ein Blind Pool.
Die Betonung der Eignung zur Altersvorsorge würde die eigentlich korrekten Risikohinweise entwerten und stelle eine „gezielte Desinformation“ des künftigen Anlegers dar, so der BGH. Das hätte der Treuhänder im Rahmen einer Plausibilitätsprüfung bemerken und gegenüber den Klägern richtig stellen müssen.