Offenbar ist das Arbeitspapier, auf das sich die „SZ“ bezieht, schon wieder veraltet. Votum-Vorstand Martin Klein jedenfalls betonte gegenüber Cash.Online, dass das Arbeitspapier in der Frühphase der Koalitionsverhandlung entstanden sei und keinesfalls als irgendeine Art von „Abschlussbericht“ gewertet werden dürfe. Der Votum-Verband habe das Arbeitspapier aber genau analysiert und zum Anlass genommen, erneut in den Austausch mit den politischen Entscheidungsträgern zu treten.
Ob dieser Austausch dazu führen wird, dass das bestehende Vergütungssystems unangetastet bleibt, wird sich zeigen. Klein ist aber optimistisch: „Es gibt zum Glück in allen Parteien genug Pragmatiker, denen bewusst ist, dass die Frage der Vergütungsform nicht das entscheidende Feld für notwendige politische Veränderungen ist. Ewig gestrige Positionen, die nur in Verboten eine Verbesserung für den Verbraucher erkennen, sollten auch Grüne und SPD hinter sich gelassen haben. Wer einseitig gegen den Markt Veränderungen nur per Verbot durchsetzen möchte findet keine Akzeptanz und gefährdet die Versorgung der Bevölkerung mit qualifizierten Beratungsleistungen“, so Klein.
„Das Schließen der auch politisch verursachten Lücke im Bereich der Altersvorsorge ist und bleibt eine der Hauptaufgaben der über 200.000 Versicherungs- und Anlagevermittler in Deutschland. Gleichzeitig sind ab dem kommenden Jahr auch die Anforderungen an eine nachhaltige Kapitalanlage umzusetzen“, so Klein weiter. Angesichts dieser Herausforderungen müsse die Politik erkennen, dass Fragen der Vergütung keine Priorität zukomme.
Zusätzlich befeuert wurden die Spekulationen über die Zukunft des Vergütungssystems in dieser Woche vom Deutschen Sparkassen- und Giroverband (DSGV). Nach Angaben der Sparkassen gebe es Signale, dass eine künftige Bundesregierung aus SPD, Grünen und FDP sich zugunsten der Honorarberatung positionieren könnte. Deutschlands Sparkassen warnten die Politik davor, die Beratung für Finanzprodukte gegen Honorar zum Standard zu machen. Eine verpflichtende Honorarberatung stelle für viele Kleinanleger eine unüberwindbare Hürde dar, sagte der Präsident des DSGV, Helmut Schleweis.
Signale der Uneinigkeit zur Priorisierung der Honorarberatung, zur Reform der Altersvorsorge und zur möglichen Einführung eine Provisionsdeckels bei Lebensversicherungen hat auch der Bundesverband deutscher Versicherungskaufleute (BVK) empfangen. „Wir bleiben aber zuversichtlich, dass insbesondere der Provisionsdeckel nicht kommen wird und setzen hier auf den marktwirtschaftlichen Sachverstand der Liberalen. Ein Verbot des Vergütungssystems auf Provisionsbasis hingegen würde den Verbrauchern schaden, da breite Bevölkerungskreise von der Beratung ausgeschlossen werden“, erklärte BVK-Präsident Michael H. Heinz gegenüber Cash.Online. „Da die Koalitionsverhandlungen sehr diskret ablaufen, ist jedoch noch nichts Offizielles bekannt. Das werden wir wahrscheinlich alle nächste Woche erfahren, wenn – wie vorgesehen – die Koalitionsvereinbarung publik werden soll“, erwartet er.
Auch Thomas Richter, Hauptgeschäftsführer des deutschen Fondsverbands BVI, hat sich in dieser Woche in einer Pressemitteilung ausdrücklich gegen Eingriffe in das bestehende Provisionssystem ausgesprochen: „Übertreibungen bei Provisionen schaden allen. Die Befürworter eines Provisionsverbots in der Beratung von Finanzdienstleistungen interessieren sich aber offenbar wenig für die sozialpolitischen Folgen. Sie folgen dem Motto ‚Lieber gar keine Beratung als Provisionsberatung‘. Dabei hat diese klare Vorteile für die Verbraucher: Wer viel anlegt zahlt viel, wer wenig anlegt wenig. Zudem kann man sich beraten lassen, ohne am Ende kaufen zu müssen, das heißt man kann kostenfrei ’nein‘ sagen. Auch können Verbraucher schon heute zwischen der Provisions- und der Honorarberatung frei wählen. Allerdings sind nur wenige bereit, für Beratung extra zu bezahlen. Ein Blick zum Beispiel nach England sollte vor einem Provisionsverbot warnen. Denn dort sind zwischenzeitlich breite Kreise der Bevölkerung von der Beratung abgeschnitten.“
Völlig inakzeptabel wäre aus seiner Sicht ein Provisionsverbot nur für Wertpapiere. „Diesen Vorteil würde die Versicherungsbranche sofort nutzen, um teure Versicherungspolicen aufzulegen und über die bestehenden Kanäle weiter zu vertreiben. Das schadet dem Verbraucherschutz, weil es den Wettbewerb zwischen Wertpapieren und Versicherungen massiv verzerrt“, so Richter. (kb)