Die lange Diskussion um die Vergütungssituation in Deutschland und Europa sei sicherlich derzeit das spannendste Thema, stellte Heinz zu Beginn der Pressekonferenz fest, um sich dann direkt EU-Finanzkommissarin Mairead McGuinness vorzuknöpfen, die ein EU-weites Provisionsverbot durchsetzen wollte – und damit offenbar gescheitert ist. „Man weiß natürlich nicht, was die zuständige Kommissarin da geritten hat, so einen Streit vom Zaun zu brechen. Aber offensichtlich hat sie das in Unkenntnis zumindest des deutschen Vermittlermarktes getan. Schade eigentlich, ich hätte sie gerne eingeladen, sich mal davon zu überzeugen, wie Versicherungsberatung -und vermittlung in Deutschland erfolgt. Es würde ihr gefallen, denn es ist nachhaltig und bewährt. Wir haben eine hohe Kundenzufriedenheit und eine sehr geringe Beschwerdesituation. Wenn dann jemand glaubt, im fernen Brüssel – fernab von den wirklichen Realitäten des täglichen Lebens – könne er mal eben einen solchen erfolgreichen Markt ausradieren, dann zeigt das eben, wie weit Politik oft von den Menschen entfernt ist. Dann brauchen wir uns auch über Politikverdrossenheit nicht wundern.“ Er glaube, die 190.000 Vermittlerbetriebe in Deutschland wüssten spätestens im Jahr 2024 bei der Europawahl, was zu tun sei. „Das sind so Dinge, wo man wirklich langsam nur noch mit dem Kopf schütteln kann“, so Heinz.
Er wisse, dass es Probeabstimmungen in Brüssel gegeben habe: „Das Ergebnis war für Frau McGuinness und die Befürworter eines Provisionsverbots äußerst desaströs. Vielleicht hat sie deshalb die Reißleine gezogen und gemerkt, dass sie hier aufs falsche Pferd setzt.“
An dieser Stelle konnte sich Heinz auch einen Seitenhieb auf andere Vermittlerverbände nicht verkneifen – ohne die Verbände zu nennen. „Es gibt natürlich Interessenvertreter, die sich sehr schnell zu Wort melden und glauben, sie hätten am Entscheidungsprozess nachhaltig mitgewirkt. Ich gönne da jedem seinen Teil des Erfolges. Was mich aber irritiert: Immer wenn ich in Brüssel bin, frage ich mich, wo die anderen sind, die glauben, hier Europa retten zu können, zu wollen, zu müssen oder was auch immer. Ich habe die nie gesehen, die sind dort weder stationär mit Büros vertreten, noch habe ich sie in persona in Anhörungen oder Gesprächen mit der Politik gesehen. Aber kaum war die erste Meldung raus, postulierte schon jeder: Wir haben es geschafft, wir haben das Provisionsverbot verhindert.“ Das Ganze sei mittlerweile auch ein Wettbewerb der Verbände.
„Hier wird ziemlich schnell geschossen“
Konkreter wurde BVK-Geschäftsführerin und Rechtsanwältin Anja C. Kahlscheuer. „Hier wird ziemlich schnell geschossen“, sagte sie mit Blick auf Pressemitteilungen von Votum und AfW, wonach geplant sei, dass unabhängige Vermittler – in Deutschland also Versicherungsmakler – keine Provisionen mehr für die Vermittlung von Versicherungsanlageprodukten erhalten sollen. „Das Thema, das hier angesprochen wird, ist der vorgesehene neue Artikel 30 Absatz 8 der IDD. Dort ist im englischen Text von der ‚unabhängigen Beratung‘ die Rede. Es ist aber noch keine genaue Entscheidung darüber getroffen worden, was darunter fällt. Dies gleichzusetzen damit, dass Makler keine Provision bei Lebensversicherungen mehr erhalten, ist dem Artikel unserer Meinung nach so nicht zu entnehmen. Wir werden mit unseren Kontaktleuten in Brüssel klären, wie das auszulegen ist. Wenn man das Zusammenspiel von Artikel 30 Absatz 8 mit den Erläuterungen vorne im Text sieht, muss man Zweifel haben, dass dies tatsächlich so ausgelegt wird.“ Sie warne davor, es jetzt so knallhart auszulegen. Mit der „unabhängigen Beratung“ könne auch die Honorarberatung gemeint sein. „Es ist ja noch nicht einmal ein wirklicher Entwurf. Es ist ein vorläufiges Papier, wie auch immer es rausgekommen ist. Wir warten jetzt den Entwurf am 24. Mai ab, werden den genau prüfen und dann unsere Stellungnahmen und unsere Bewertungen abgeben. Jetzt Panikmache zu lancieren und etwas als gegeben hinzustellen, halten wir für völlig falsch und auch gefährlich in dieser Situation. Wenn der Entwurf ein Stimmungsbild in Europa abholen sollte, ist es falsch, sowas publik zu machen“, sagte Kahlscheuer.
Bei einem so schwierigen politischen Thema verbiete sich der Populismus, mal eben „einen rauszuhauen“ und Verunsicherung in der Branche zu schaffen, ergänzte Heinz. Nach dieser denkwürdigen Pressekonferenz blickt die Branche nun noch gespannter darauf, welche Regelungen der Entwurf der EU-Kommission tatsächlich enthalten wird.