Provisionsverbot: Das Märchen vom edlen Ritter

anzunehmen, dass es besonders viele Kunden akzeptieren, wenn der Berater trotz laufender Honorarzahlungen längere Zeit untätig bleibt oder nach einer teuren Überprüfung stets nur empfiehlt, alles beim Alten zu belassen.

Auch ist nicht auszuschließen, dass der Berater in Hinblick auf baldige Anschluss-Aufträge zum Beispiel vielfach kurzlaufende Anlagen empfiehlt, was gerade für die Altersvorsorge nicht unbedingt die beste Wahl ist. Da gibt vielleicht eine Bestandsprovision doch eher den richtigeren Anreiz.

Hinzu kommt: Die wenigsten Kunden werden sich damit zufrieden geben, dass der Honorarberater ihnen nur sichere und allgemein verfügbare 08/15-Produkte empfiehlt, die kaum Rendite bringen. Sie wollen mehr, und das natürlich sicher. Wofür sonst braucht es den teuren Berater? Doch auch Honorarberater können – was vielleicht den einen oder anderen Verbraucherschützer überraschen wird – Risiken nicht wegzaubern. Auch sie haben in der Regel keine seherischen Fähigkeiten, und warum Honorar- überhaupt bessere Marktkenntnisse haben sollten als Provisionsberater, hat ohnehin noch nie jemand schlüssig erklärt.

Und doch wird sich die Erwartungshaltung der Kunden unterscheiden. Bei Provisionsberatung ist halbwegs klar denkenden Menschen bewusst, dass der Vermittler am Abschluss etwas verdient. Auch den anderen wird es schriftlich mitgeteilt. Provisions-Kunden werden deshalb viel eher mit einer gesunden Skepsis hinterfragen, ob die Anlageempfehlung wirklich in ihrem Interesse liegt, als Honorar-Kunden.

Provisionskunden können einfach „Nein“ sagen

Schließlich handelt der Honorarberater automatisch nur im Interesse der Kunden, das sagen ja auch die Verbraucherschützer. Seine Empfehlungen sind deshalb gut und sicher, so die vorhersehbare Erwartung. Der Kunde wird der Empfehlung vielfach auch deshalb ohne großes Zögern folgen, weil er sonst viel Geld für nichts bezahlt. Beim Provisionsberater hingegen kann er oder sie am Ende einfach „Nein“ sagen.

Umso größer wird die Enttäuschung sein, sollten auch nach Honorarberatung bei einzelnen Anlagen die Risiken tatsächlich zum Tragen kommen. Hatte man nicht eigens den mit Geheimwissen ausgestatteten teuren Berater engagiert, um genau das zu verhindern? Doch Verluste lassen sich nie ganz ausschließen, auch nicht bei scheinbar sicheren Anlagen. Und erst recht dann nicht, wenn der Honorarberater auf Druck des Kunden oder in der Hoffnung auf Weiterempfehlungen auch Anlagen mit höherer Renditeaussicht (und damit Risiko) oder gar zwielichtige „Geheimtipps“ herausgezückt hat.

Derlei ist nur deshalb noch nicht oft bekannt geworden, weil Honorarberatung in Deutschland kaum angeboten und in Anspruch genommen wird und vor allem längerfristige Ergebnisse von Honorar-Anlageempfehlungen nicht vorliegen. Zudem sind die heutigen Kunden von Honorarberatern wahrscheinlich hauptsächlich besser situierte, an Finanzdingen interessierte und selbst gut informierte Menschen. Deren Ergebnisse wären für den Massenmarkt ohnehin nicht repräsentativ.

Angsthasen sind nicht immer die besten Berater

Ein Letztes noch: Verbraucherschützer tragen gerne das Argument vor, Honorarberater erhielten ihr Geld so oder so und würden deshalb zu sicheren (und damit guten) Anlageempfehlungen tendieren, um späteren Ärger zu vermeiden. Doch zum einen handelt es sich auch dabei um eine nicht oder allenfalls durch Anekdoten belegte Behauptung, die obendrein allenfalls bei sehr oberflächlicher Betrachtung plausibel ist, siehe oben.

Zum anderen hieße dies nicht, dass die Empfehlung besser oder überhaupt gut ist. Auch das Sparbuch ist schließlich trotz seiner Sicherheit zur Kapitalanlage meistens kein besonders guter Ratschlag, und gerade auf lange Sicht wird höhere Volatilität oft durch höhere Rendite belohnt. Angsthasen sind sicher nicht immer die besten Berater. Welche Ergebnisse die heutigen Anlageentscheidungen in zehn, 20 oder 30 Jahren bringen werden, weiß zwar niemand. Aber auch in diesem Punkt ist die Behauptung, die Anlageempfehlungen von Honorarberatern seien generell besser als von Provisionsberatern, nichts als ein Märchen.

Zugegeben: Auch dieser Kommentar besteht zum großen Teil aus Annahmen und theoretischen Überlegungen zum Verhalten von Honorarberatern, für die es keine fundierten Untersuchungen oder gar wissenschaftliche Beweise gibt. Aber für das Gegenteil eben auch nicht.

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Stefan Löwer ist Geschäftsführer der zu Cash. gehörenden G.U.B. Analyse Finanzresearch GmbH und betreut in der Cash.-Redaktion das Ressort Sachwertanlagen.

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