Reale Werte

„Sicher ist sicher“ denken viele Anleger in Zeiten wie diesen und setzen auf das gute alte Sparbuch. Meist kommt dann auch noch Gold ins Spiel – als Absicherung gegen die befürchtete Inflation. Aber liegen sie damit richtig?

Gastkommentar: Hans-Jörg Naumer, Allianz GI

Hans-Jörg Naumer, AGI
Hans Jörg Naumer, Allianz GI

Was sie übersehen: Gerade das Sparbuch ist eine pure Spekulation darauf, dass die Preise zumindest stabil bleiben oder sogar sinken. Genau genommen gewinnen Bargeld und Anleihen nur bei Deflation, also sinkenden Preisen. Zu Zinsen bzw. Kupons können dann noch die negativen (!) Inflationsraten addiert werden. Beispiel: Die Anleihe rentiert mit drei Prozent, die Kaufkraft legt um zwei Prozent zu – ergibt eine Realrendite von fünf Prozent.

Aktien und Rohstoffe haben es in einem derartigen Umfeld schwer. Bei sinkenden Preisen laufen die Firmen Gefahr, gestern teurer eingekauft zu haben, was sie heute als Endprodukt verkaufen. Dazu kommt häufig das Umfeld einer Rezession, wenn nicht sogar Depression, was eine schwache Nachfrage bedeutet. Auch Immobilien sollten nicht unbeeindruckt davon bleiben. Da eine Deflation mit einer Konjunkturschwäche einhergeht, ist mit einem Druck auf die Immobilienpreise vor allem bei Gewerbeimmobilien zu rechnen.

Warum Aktien reale Werte sind
Bei einer Inflation dagegen verlieren Anleihen und Bargeld, denn die Inflation schmälert oder vernichtet die Rendite. Die reale Rendite, also die Rendite nach Inflation, liegt mit steigender Inflation zunehmend unter der nominalen. Drei Prozent für eine Anleihe werden bei einer Inflation gleicher Höhe zu real null Prozent, Steuern nicht berücksichtigt.

Zu den Gewinnern hingegen zählen die realen Werte: Immobilien, Rohstoffe und Aktien. Ihr Preis steigt, während die Kaufkraft sinkt. Geht mit der Inflation eine Konjunkturüberhitzung einher, können Rohstoffe und Aktien von der steigenden Nachfrage zusätzlich profitieren. Aktien sind übrigens deshalb reale Werte, weil es sich um Beteiligungen an Firmen handelt, die über Vermögensanlagen, Patente und Know-how verfügen.

Bei einer Hyperinflation ist es dagegen nicht eindeutig, ob auch Aktien zu den Gewinnern zählen. Zwar sollten sie sich wertbeständiger als Anleihen und Papiergeld erweisen, also relative Gewinner sein, aber da eine Hyperinflation mit wirtschaftlicher Depression und der Hortung von Waren einhergeht, sind Gewinne kaum zu erwirtschaften. Ergo: Wer sich vor Inflation fürchtet, sollte in reale Werte investieren, und das sind eben nicht nur Immobilien.

Hans-Jörg Naumer schreibt als Kolumnist im Cash.-Magazin über aktuelle Themen der Kapitalmärkte. Naumer ist seit 2000 Leiter Kapitalmarktanalyse bei der Allianz Global Investors KAG (AGI), Frankfurt.

Foto: AGI

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