Im Oktober wird der Realzins auf minus 4,4 Prozent sinken. „Unsere Inflationsprognose und die Daten der Bundesbank zeigen einen eindeutigen Trend nach unten, der sich auch noch weiter fortsetzen wird“, sagt Mlinaric. Denn angesichts der europaweit diskutierten Ausweitung der Neuverschuldung oder auch gemeinsamer europäischer Schulden ist nicht zu erwarten, dass die EZB die Zinsen bald spürbar anhebt.
„Die Euro-Staaten haben von den niedrigen Zinsen sehr profitiert und durch Umschuldungen ihre Schuldenlast sowohl getreckt als auch die Zinslast verringert“, sagt Mlinaric. Jetzt stehen neue Herausforderungen an, etwa der klimaverträgliche Umbau der Wirtschaft und auch die Bekämpfung der Pandemiefolgen. „Es ist zu erwarten, dass dafür weitere Schulden aufgenommen werden“, so Mlinaric. „Das erhöht den Druck auf die EZB, die Zinsen noch möglichst lange niedrig zu halten.“ Denn selbst starke Länder wie Deutschland könnten sich einen raschen Anstieg der Zinsen nicht leisten, die schwächeren würden in den Krisenmodus rutschen.
Ausgedehnte Phasen negativer Realzinsen sind keine Seltenheit. „Wir erwarten, dass die aktuelle Phase negativer Zinsen uns noch über viele Monate erhalten bleiben wird“, sagt Mlinaric. Selbst in der Vergangenheit haben solche Phasen oft mehrere Jahre gedauert. „Was allerdings derzeit die Sparer stärker denn je belastet, ist die Höhe der Negativzinsen“, so Mlinaric. „Dauert diese Phase länger als ein Jahr an, wird der Verlust an Kaufkraft auf die gesamte Wirtschaft durchschlagen.“