Bis zur Klärung dieser Frage sollte bei der Konzeption von Online-Vertriebsplattformen darauf geachtet werden, dass die Informationen möglichst einfach und übersichtlich gestaltet sind. Der Anleger sollte die Kenntnisnahme wichtiger Informationen durch „Anklicken“ bestätigen, wobei der zu bestätigende Text eher kurz sein sollte, damit das Risiko das Bestätigens ohne tatsächliches Lesen minimiert wird.
Auch wäre es denkbar, dass der Aufruf weiterer Seiten nur zeitverzögert möglich ist, damit gewährleistet ist, dass ein Anleger Seiten nicht einfach überspringen kann, sondern die Zeitspanne bis zum nächsten möglichen Seitenaufruf für das Lesen der aktuellen Seite nutzt. Als besonders wichtig sind jedoch Hinweise auf die gesetzlichen Verkaufsunterlagen und Aufforderungen an den Anleger, diese intensiv zu analysieren, zu bewerten. Denn je vertrauter ein Anleger mit den gesetzlichen Verkaufsunterlagen ist, umso weniger kann er sich auf Informationsdefizite im Rahmen der Vertriebssituation berufen.
[article_line]
Fazit: Die gesetzlichen Vertriebsvorschriften sind (noch) nicht auf Online-Vertriebsprozesse zugeschnitten. Der Online-Zeichnungsprozess muss daher derzeit noch so gestaltet werden, dass die Vorschriften für persönliche Vertriebssituationen erfüllt werden. Dies erfordert technische Kreativität und in gewissem Umfang auch den Mut, neue Lösungen einzusetzen, deren Rechtsicherheit noch nicht gewährleistet ist.
Mittelfristig ist jedoch davon auszugehen, dass sich – möglicherweise auch durch gesetzgeberische Maßnahmen unterstützt – für den Online-Vertrieb von geschlossenen Investmentvermögen rechtlich abgesicherte Prozesse etablieren werden.
Gunter Reiff ist Rechtsanwalt und Steuerberater bei der RP Asset Finance Treuhand GmbH in München und berät Kapitalverwaltungsgesellschaften bei der Konzeption und Erstellung von Verkaufsprospekten.
Foto: SFM Treuhand München Steuerberatungsgesellschaft