Reform der Erbschaftsteuer: Die Große Koalition auf dem Holzweg

Erstens hat dann die Finanzverwaltung zu überprüfen, ob der Erwerber, also S, bei Erbschaft oder Schenkung noch weiteres Vermögen, beispielsweise Geld oder Immobilien erwirbt, aus dem er die Steuer aufbringen könnte. Im Erbfall lässt sich dies noch relativ leicht überprüfen, weil dieses Vermögen ohnehin erfasst und bewertet werden muss. Aber selbst dann lauern weitere Komplikationen: Was ist, wenn der Erwerber, hier S, eine Schwester hat, der der Vater das erhebliche Privatvermögen hinterlässt. Wird dann auch dieses Vermögen in die Betrachtung einbezogen?

Noch schwieriger wird es bei gestaffelten Schenkungen: S erhält zunächst das Unternehmen isoliert geschenkt und dann in einem zweiten Schritt das erhebliche Privatvermögen oder er erbt es. Ist beides gemeinsam zu betrachten? Binnen welcher Zeitspanne?

Zweitens gibt das Bundesverfassungsgericht vor, dass bei der Prüfung der Verschonungsbedürftigkeit auch zu berücksichtigen ist, ob der Erwerber schon eigenes Vermögen hat, welches er für die Bezahlung der Steuer veräußern oder belasten könnte.

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Im Beispielsfall bedeutet dies, dass zu prüfen wäre, welches Vermögen S hat und wie dieses zu bewerten ist (Immobilien, ein etwaiges eigenes Unternehmen etc.). Es liegt auf der Hand, dass dies im Einzelfall ein erheblicher zusätzlicher Aufwand für den Steuerbürger wie auch für die Finanzverwaltung ist.

Drittens wird bei der Prüfung der Verschonungsbedürftigkeit die Ertragskraft des Unternehmens eine wichtige Rolle spielen. Die Finanzverwaltung muss also eine Prognose anstellen, wie die Gewinnsituation des Unternehmens in den nächsten Jahren aussehen könnte. Denn bei einem renditestarken Unternehmen wird es dem Erwerber eher zuzumuten sein, die Steuer aus den laufenden Erträgen aufzubringen. Eine solche Prognose ist schwierig genug, bei komplex aufgestellten Unternehmen mit Schachtelbeteiligungen, Auslandstöchtern, Gewinnabführungsverträgen, auslaufenden Patentrechten etc. ist diese Aufgabe der Unternehmensbewertung hochkomplex und wird erhebliche Kapazitäten sowohl auf Seiten der Steuerberatung der Unternehmen als auch bei der Finanzverwaltung binden.

Seite drei: Wertungsfrage birgt weitere Unsicherheit

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