Ende September stellte die Regierung in Peking ein umfassendes Maßnahmenpaket vor, um die schwächelnde Wirtschaft wiederzubeleben. Das Programm beinhaltete eine Senkung der Kapitalanforderungen für Banken, Liquiditätshilfen für die Aktienmärkte sowie eine verstärkte Unterstützung des Immobiliensektors.
„Die Maßnahmen lösten einen regelrechten Aufschwung bei chinesischen Aktien aus, und Anleger nutzten die Gelegenheit, um einzusteigen. Viele Unternehmen wurden zu attraktiven Bewertungen gehandelt, was zusätzliches Interesse weckte“, kommentiert James Cook, Investment Director, Emerging Markets, Head of Investment Specialists bei Federated Hermes Limited, die Situation. Und tatsächlich: Der Hongkonger Hang-Seng-Index verzeichnete einen rasanten Anstieg und wurde mit einem Plus von 33 Prozent zum erfolgreichsten globalen Markt dieses Jahres – verglichen mit weniger als 20 Prozent für den S&P 500. Der Hang-Seng-Tech-Index, der 30 chinesische Technologieunternehmen in Hongkong umfasst, legte darüber hinaus in weniger als vier Wochen um über 45 Prozent zu.
Es war zu erwarten, dass die Märkte nach einem so steilen Aufwärtstrend etwas an Schwung verlieren würden, und viele führende Indizes gaben nach. Cook führt das weiter aus: „Die People’s Bank of China versuchte Anfang Oktober, das Interesse der Anleger mit einer Pressekonferenz zu ihrem Konjunkturprogramm zu stärken. Doch da weiterhin keine konkreten Details darüber bekannt sind, wie die Zentralbank die heimische Wirtschaft ankurbeln will, bleiben viele ausländische Investoren verunsichert“.
Die Wurzel des Problems
„Der chinesische Immobilienmarkt steckt seit einigen Jahren in einer Sackgasse, geprägt durch hohe Schulden und gravierende Liquiditätsengpässe. Die Insolvenz von Evergrande, dem zweitgrößten Bauträger des Landes, im Jahr 2021 hatte weitreichende Auswirkungen auf den gesamten Sektor“, so Cook. Zuvor hatte der Immobiliensektor etwa 20 Prozent des BIP-Wachstums beigetragen, doch aufgrund rückläufiger Umsätze und wachsender Kreditprobleme erlitten die lokalen Regierungen erhebliche Einnahmeverluste.
„China hatte ebenfalls mit sinkender Inflation zu kämpfen. Das Problem der Disinflation, das sich erstmals am Ende des Kreditbooms in den 2010er Jahren zeigte, hat sich durch den angeschlagenen Immobilienmarkt und die Auswirkungen der Covid-19-Pandemie weiter verschärft“, erklärt Cook. In Reaktion darauf haben viele Haushalte ihre Ersparnisse erhöht, was die Deflation zusätzlich angeheizt hat. Zudem wurde ein weiterer Rückgang der Preise durch niedrigere Einnahmen aus Grundstücksverkäufen und die hohe Staatsverschuldung verursacht.
Kann Peking wirklich genug tun?
Bei dem Versuch die Wirtschaft zu stützen hat Peking in den letzten zwei Jahren eine Reihe von politischen Maßnahmen angekündigt, die jedoch nur begrenzte Wirkung zeigten. So wurde im Mai beispielsweise ein Kreditplan über 70 Mrd. US-Dollar vorgestellt, um es lokalen Regierungsunternehmen zu ermöglichen, unverkaufte Immobilien aufzukaufen und als Sozialwohnungen zu vermieten. Bis August hatten die Banken jedoch lediglich etwa fünf Prozent dieses Betrags ausgezahlt.
Für Anleger, die sich vor „false dawns“ fürchten, sah das Förderprogramm vom September anders aus. „Das Konjunkturpaket deutete auf ein erneutes Bestreben hin, die Probleme im Bereich der Immobilien- und Kommunalfinanzierung anzugehen, die die heimische Wirtschaft gebremst haben. Zudem wird versucht, den anhaltenden Abschwung im Immobiliensektor zu stoppen. Auch das schwache Vertrauen von Verbrauchern und Unternehmen, das zur Deflationsspirale beigetragen hat, steht im Fokus der Maßnahmen“, führt Cook weiter aus.
„Das Ziel scheint diesmal darin zu bestehen, das Wachstum zu stabilisieren und einer Deflation entgegenzuwirken. Die Märkte hingegen streben an, das Vertrauen der Anleger wiederherzustellen und einen stetigen Anstieg des Aktienmarktes zu fördern, anstatt einen euphorischen Aufschwung auszulösen“, so Cook weiter. Allerdings wird Peking bei der Einführung der Komponenten eines hochwirksamen Konjunkturpakets wahrscheinlich weiterhin vorsichtig vorgehen.
Walk the line
Mitte Oktober stellte China sein Konjunkturprogramm vor und die Zentralbank kündigte an, die Emission von Staatsanleihen zu erhöhen, um die darin enthaltenen Ziele zu erreichen. Dabei ließen die Währungshüter jedoch offen, wie viel dafür ausgegeben werden soll. Cook merkt an: „Der Nachhall des riesigen Konjunkturpakets von 2008/09 in Höhe von 586 Mrd. US-Dollar ist im Land noch immer spürbar, insbesondere durch die hohe Verschuldung der Kommunen.“
„Schlussendlich könnte das kombinierte Konjunkturprogramm die anhaltenden Probleme auf dem Immobilienmarkt angehen und das Vertrauen der Verbraucher wiederherstellen. Allerdings sind weitere Einzelheiten erforderlich, um die Anleger zu beruhigen. Das Ausmaß und der Umfang des Engagements Pekings sind von größter Bedeutung. Um die Rallye an den Aktienmärkten aufrechtzuerhalten, müssen die Behörden und Anleger noch eine Weile vorsichtig bleiben“, schließt Cook.