Das geht aus den Ergebnissen und Präsentationen einer gemeinsamen Online-Pressekonferenz der Unternehmen Garbe Industrial Real Estate, Complemus Real Estate und HIH Invest Real Estate zum Thema Logistik-Immobilien hervor. Wichtigste Nachfragetreiber der Logistikbranche sind demnach Megatrends wie Digitalisierung und damit einhergehende neue Technologien, das Wachstum des E-Commerce, der Anstieg des globalen Warenverkehrs und die Zunahme von Outsourcing aufgrund von steigendem Wettbewerbs- und Kostendruck.
Der dauerhaft hohe Flächenbedarf bei gleichzeitig schrumpfendem Angebot forciert demnach die Mietpreisentwicklung und wird die Nachfrage auch 2022 weiterhin in die Höhe treiben, so die Prognose. Während die Mieten für Logistik-Immobilien im vierten Quartal 2021 im Jahresvergleich um 2,2 Prozent leicht ansteigen, sinken nach einer Untersuchung von Garbe Research die Spitzenrenditen des Logistikmarktes in Europa mit 7,1 Prozent deutlich.
Die stärksten Veränderungen sind in Deutschland und den Niederlanden zu beobachten: In einigen Städten wie Rotterdam oder Berlin sind die Spitzen-Nettoanfangsrenditen in einem Jahr von 4,0 auf 3,3 Prozent gefallen. Das entspricht einer Veränderung um 17,5 Prozent und einem Anstieg des Kaufpreise vom 25- auf das 30-fache der Jahresmiete. Die Mieten sind im gleichen Zeitraum um 6,9 Prozent von 5,80 auf 6,20 Euro pro Quadratmeter gestiegen.
Jan-Dietrich Hempel, Geschäftsführer bei Garbe Industrial Real Estate: „Verstärkt in den Fokus geraten sind Sekundärmärkte wie Bremen, Eindhoven oder Utrecht. Hier sind die Mieten in den vergangenen fünf Jahren schnell angestiegen, denn neben den Metropolen gehören Städte an Transportknotenpunkten mit direkter Anbindung an Häfen, Flughäfen und Autobahnen zu den attraktivsten Investitionsstandorten. Die forcierte Mietpreisentwicklung könnte sich verschärfen, wenn Trends zu Re-/Nearshoring, Stockholding und weiter steigendem E-Commerce in Gang kommen oder anhalten.“
Standortsuche weiterhin problematisch
Herausforderungen begegnen Projektentwicklern von Logistik-Immobilien vor allem bei der Suche geeigneter Grundstücke. Verfügbare Flächen werden durch den anhaltenden Boom immer teurer, Logistikansiedlungen stoßen seitens der kommunalen Politik und lokaler Interessengruppen immer wieder auf Widerstände. „Brownfields“, also bereits zuvor anders genutzte Flächen, werden vor allem im Hinblick auf Nachhaltigkeit zunehmend interessanter.
Andreas Preußer, Geschäftsführender Gesellschafter von Complemus Real Estate: „Besonders spannend ist für uns die Konversion ehemaliger Industrieflächen, die aus verschiedenen Gründen nicht mehr genutzt werden. Logistikanlagen benötigen nach wie vor im Vergleich zu anderen Branchen sehr große Flächen, sodass Brownfields für Projektentwickler zunehmend attraktiver werden: Es ist deutlich einfacher, die lokale Bevölkerung und vor allem die Politik von einer Umnutzung zuvor industriell genutzter Flächen zu überzeugen als von flächenintensiven Neubauten. Zudem ist in den meisten Fällen das Baurecht dort bereits vorhanden.“
Gestörte Lieferketten treiben Nachfrage
Die Beeinträchtigung von Liefer- und Produktionsketten durch Kapazitätsengpässe hat die Nachfrage nach Logistikflächen 2021 in die Höhe getrieben. Wahrscheinliche Anpassungen wie die Reduktion der Just-in-Time-Lieferung, Nearshoring (Verlagerung vom fernen ins nahe gelegene Ausland) und die Diversifikation der Beschaffung werden diesen Trend wohl auch 2022 nicht abreißen lassen. Nach einer von HIH Invest zitierten Untersuchung planen fast ein Drittel (29,5 Prozent) der Unternehmen im verarbeitenden Gewerbe und 17,5 Prozent im Großhandel, ihre Lieferketten künftig zu diversifizieren; fast ein Viertel (25,1 Prozent des verarbeitenden Gewerbes und 23,4 Prozent des Großhandels) setzt auf verstärkte Lagerhaltung.
Hans-Joachim Lehmann, Geschäftsführer HIH Invest Real Estate: „Industrie und Handel sind durch hohe Transportkosten und Lieferengpässe so stark belastet wie nie zuvor. Gleichzeitig steigen die Kundenanforderungen an die Warenzustellung und insbesondere an die Lieferdauer. Logistikdienstleister stehen zunehmend unter Druck, ihre Logistiknetze auszubauen – das erhöht den Flächendruck und die Nachfrage nach Logistik-Immobilien, insbesondere auch nach Last-Mile-Objekten.“
Jan-Dietrich Hempel, Geschäftsführer bei Garbe, ergänzt: „Die Nachfrage wird zukünftig auch von Lieferkettenveränderungen zusätzlich befeuert. Gerade im Zuge der Corona-Pandemie haben sich diese als nicht resilient erwiesen. Möglich ist eine Rückverlagerung in günstige, gut angebundene europäische Standorte. Vor allem in Tschechien, Polen und Norditalien haben aus unserer Sicht Nearshorings gute Potentiale.“
Die Anforderungen an Logistikdienstleister werden durch weitere Faktoren beeinflusst: Digitalisierung, Effizienz und Flexibilität treiben die Nachfrage nach modernen Flächen und Prozessen; steigende Anforderungen bezüglich Nachhaltigkeit führen zu zusätzlichem Nachfragedruck. Andreas Preußer ergänzt: „Die Immobilienbranche ist von ESG-Anforderungen gleich doppelt betroffen: auf der Investmentseite durch die Taxonomie und Offenlegungsverpflichtung, aber auch durch Vorgaben und Bewertungskriterien für den Bau und Betrieb von Immobilien. Projektentwickler müssen dabei Faktoren wie Green Leases, Ressourcenschonung beim Bau und Barrierefreiheit berücksichtigen und diese dokumentieren, um den neuen Kundenanforderungen gerecht zu werden.“
Investitionen in Logistik-Immobilien auf Rekordniveau
2021 erreichte die Branche mit einem Transaktionsvolumen von rund zehn Milliarden Euro einen absoluten Umsatzrekord. Damit erreichte der Anteil des Logistik-Transaktionsvolumens einen Anteil von 20 Prozent am Gesamtmarkt. Zum Vergleich: 2012 lag dieser noch bei knapp 1,5 Mrd. Euro und zwei Prozent des Gesamtmarkts. Auch die Flächennachfrage konnte durch Logistik-Megatrends in Zeiten von COVID-19 Rekorde verzeichnen: Der Flächenumsatz steigt 2021 auf rund neun Millionen Quadratmeter (zum Vergleich: 2012 waren es rund fünf Millionen Quadratmeter).
„Aufgrund der Angebotsknappheit in den Top-Standorten rücken zunehmend attraktive, gut angebundene B- und C-Lagen in den Fokus der Investoren“, so Hans-Joachim Lehmann. „Unabhängig vom Standort wird die Logistik-Immobilie in Zukunft smarter sein. Die Branche befindet sich im digitalen Umbruch, um ihre Dienstleistung zu automatisieren und benötigt Immobilien, die die Produktivität durch neue Technologien unterstützen.“