Die Deutsche Rentenversicherung warnt vor erheblichen Problemen bei der Umsetzung der geplanten Grundrente. Präsidentin Gundula Roßbach nannte dabei am Mittwoch in Würzburg den geplanten Datenaustausch zwischen Rentenversicherung und Finanzbehörden, die Ermittlung der vorgesehenen 35 Jahre mit Beitragsleistung und den geplanten Startzeitpunkt der Grundrente.
„Angesichts mehrerer Millionen laufender Renten, die zu prüfen wären, ist der relativ kurze Zeitraum bis zum 1. Januar 2021 für Entwicklung und Einsatz einer voll automatisierten Lösung aus Sicht der Rentenversicherung problematisch“, sagte Roßbach. Die Koalition will langjährigen Niedrigverdienern Grundrente zubilligen, die 35 Jahren mit Beiträgen aus Beschäftigung, Erziehung oder Pflege aufweisen. Vorher soll das Einkommen von Betroffenen und Partnern geprüft werden.
Ermittlung der Rentner, die Anspruch haben, ist nicht leicht
Schon die Ermittlung, wer von den 21 Millionen Rentnern die nötigen Beitragsjahre aufweist, „ist alles andere als trivial“, sagte Roßbach. Möglicherweise gebe es nicht bei allen die nötigen Daten – etwa bei Menschen, die bereits in der DDR Rentner waren.
„Vor Probleme stellen wird uns vor allem aber die vorgesehene Prüfung der Einkommen der Bezieher einer Grundrente und gegebenenfalls auch ihrer Partner“, sagte Roßbach. Um den vollen Rentenaufschlag zu erhalten, soll das Monatseinkommen bei Alleinlebenden nicht über 1250, bei Paaren über 1950 Euro liegen. Roßbach erläuterte, eine Verknüpfung der Rentenkonten von Partnern gebe es nicht. So werde wohl eine Übermittlung von Daten zum Familienstand durch die Meldebehörden an die Rentenversicherung nötig. Sonst drohe eine „massive Ausweitung der Sachbearbeitung“.
„Welche Daten sind wann verarbeitbar?“
Die zentrale Frage ist laut Roßbach: „Welche Daten sind wann verarbeitbar?“ Nötig sei vor allem eine elektronische Übermittlung aller nötigen Daten zur Höhe der Einkommen durch die Finanzbehörden an die Rentenversicherung. „Wenn der elektronische Datenaustausch mit der Finanzverwaltung nicht in dem ambitionierten Zeitplan realisiert werden kann, gehen wir von einem Mehrbedarf von mehreren tausend zusätzlichen Stellen bei der Rentenversicherung aus.“
Roßbach machte zudem darauf aufmerksam, dass die Finanzämter Informationen zum steuerpflichtigen Einkommen erst mit Zwei-Jahres-Bezug hätten. Bei den jährlich rund 1,6 Millionen Neurentnern aber ändere sich das Einkommen mit Eintritt in die Rente – und werde bei der vorgesehenen Prüfung voraussichtlich überschätzt. Offen sei zudem der Umgang mit Rentnern ohne Steuererklärung.
Gleichzeitig betonte die Rentenversicherung, mit Hochdruck an der Umsetzung zu arbeiten. „Wir sind bereit, alles zu tun, damit das Gesetz funktionieren kann“, sagte die alternierende Vorstandsvorsitzende Annelie Buntenbach.
Der Vorstandsvorsitzende Alexander Gunkel mahnte die Koalition, an der vorgesehenen Finanzierung aus Steuermitteln festzuhalten. Er äußerte „aus Erfahrung“ Zweifel daran, dass dies so kommt. Er wies darauf hin, dass die Koalition den Großteil der veranschlagten Kosten bis zu 1,5 Milliarden Euro für die Grundrente durch die noch nicht bestehende Finanztransaktionssteuer aufbringen will. Diese Besteuerung bestimmter Finanzgeschäfte soll im europäischen Rahmen kommen. „Bislang gibt es auf europäischer Ebene keinen Konsens dazu. Insofern bestehen Zweifel, dass es zur Finanztransaktionssteuer rechtzeitig kommen wird“, so Gunkel.
Deutlich steigende Bezüge in 2020
Gleichzeitig bekräftigte die Rentenversicherung, dass Rentner auf deutlich steigende Bezüge im kommenden Jahr hoffen können. Im Westen dürften die Renten nach jetzigen Planungsgrößen am 1. Juli 2020 um rund 3 Prozent steigen und in Ostdeutschland noch einmal um rund 0,7 bis 0,8 Punkte stärker, sagte Gunkel. Die Steigerung könne angesichts wirtschaftlicher Unsicherheiten aber auch geringer ausfallen. Endgültige Klarheit gebe es erst im Frühjahr. Am Montag war ein Entwurf für den Rentenversicherungsbericht 2019 bekannt geworden, nachdem die Renten zum 1. Juli 2020 im Westen um 3,15 Prozent und in Ostdeutschland um 3,92 Prozent steigen dürften. (dpa-AFX)
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