Fast die Hälfte der Selbstständigen (45 Prozent) muss im Ruhestand erhebliche finanzielle Abstriche machen und kann den Lebensstandard überhaupt nicht halten. Ebenso geht es Frauen; hier sind es 44 Prozent. Eine repräsentative Befragung im Auftrag von HDI Deutschland, durchgeführt vom Meinungsforschungsinstitut YouGov unter deutschen Rentnerinnen und Rentnern zwischen 63 und 70 Jahren, zeigt aber auch teils erhebliche Unterschiede zwischen verschiedenen Gruppen.
Demnach muss ein Drittel (33 Prozent) der ehemals Selbstständigen mit einer Netto-Rente von weniger als 700 Euro auskommen. Im Gegensatz dazu sind dies bei den Angestellten nur neun Prozent und bei den Beamten vier Prozent.
Und das trotz oftmals späterem Rentenantritt der Selbstständigen: Mehr als ein Viertel von ihnen (28 Prozent) sind erst zwischen 66 und 70 Jahren in den Ruhestand gegangen, während dies nur auf 14 Prozent der Angestellten und auf lediglich vier Prozent der Beamten zutrifft. Die Mehrheit aller Befragten (58 Prozent) ist zwischen 63 und 65 Jahren in Rente gegangen.
Insgesamt können sich 81 Prozent aller Befragten weniger leisten als gedacht. Den gewohnten Lebensstandard gar nicht halten können 44 Prozent der Frauen versus 34 Prozent der Männer sowie 45 Prozent der Selbstständigen versus 39 Prozent der Angestellten und 19 Prozent der Beamten.
Für Fabian von Löbbecke, im Vorstand der HDI Lebensversicherung AG verantwortlich für den Bereich Neugeschäft Leben und betriebliche Altersversorgung, sind die Ergebnisse bedenklich: „Selbstständige stehen in der Rente mit Abstand am schlechtesten da. Aber auch Angestellte schöpfen ihre Vorsorge-Möglichkeiten nicht ausreichend aus und müssen im Ruhestand auf vieles verzichten. Das hätte ich in dieser Deutlichkeit nicht erwartet. Es zeigt uns, wie nötig es ist, sich rechtzeitig mit der eigenen Rentensituation zu beschäftigen und geeignete Vorsorgemaßnahmen zu treffen, um dem Ruhestand gelassener entgegenzublicken.“
Rückblickend: Selbstständige würden deutlich mehr vorsorgen
Diese Meinung spiegelt sich auch in den Antworten der Befragten: Im Rückblick würden zwei Drittel (67 Prozent) der ehemals Selbstständigen mehr vorsorgen, 44 Prozent sogar deutlich mehr. Bei den ehemals Angestellten sind es 63 Prozent, 32 Prozent deutlich mehr. Bei den Beamten würden hingegen nur 46 Prozent mehr vorsorgen, lediglich 16 Prozent von ihnen deutlich mehr. Insgesamt haben fast zwei Drittel (64 Prozent) der Befragten keine private Vorsorge betrieben und erhalten ausschließlich gesetzliche Rente.
Dem früheren „Ich“ würden die heutigen Ruheständler vor allem einen frühzeitigen Abschluss von Lebens- oder Rentenversicherungen empfehlen: Selbstständige sind hier mit 40 Prozent führend, es folgen 37 Prozent der Angestellten und 29 Prozent der Beamten. Mehr in Wertpapiere wie Aktien und Fonds würden 43 Prozent der Beamten, 37 Prozent der Selbstständigen und 23 Prozent der Angestellten investieren.
Frauen: besonders für Altersarmut gefährdet
Der Vergleich zwischen den Geschlechtern zeigt, dass Frauen deutlich im finanziellen Nachteil sind: 44 Prozent der Rentnerinnen können ihren Lebensstandard gar nicht halten, bei den männlichen Rentnern sind es 34 Prozent. Auch der Anteil derjenigen, die nicht privat fürs Alter vorgesorgt haben, liegt bei den Frauen mit 67 Prozent noch einmal höher als bei den Männern mit 61 Prozent.
Die befragten Frauen erhalten mit durchschnittlich rund 1.170 Euro rund 300 weniger Rente als Männer (1.450 Euro) und müssen daher häufiger auf vieles verzichten. Deutlich sind die Unterschiede in puncto Familienverantwortung: 27 Prozent der Frauen waren im Laufe ihres Erwerbslebens mehr als fünf Jahre alleinerziehend, während das auf nur drei Prozent der Männer zutrifft. 22 Prozent der befragten Rentnerinnen waren wegen der Erziehung ihrer Kinder für länger als fünf Jahre nicht erwerbstätig – bei den männlichen Rentnern trifft das hingegen nur auf einen Prozent zu.
Frauen: Verzicht auf Unternehmungen mit der Familie fällt schwer
Insgesamt können sich sogar 84 Prozent der Rentnerinnen und 80 Prozent der Rentner in Deutschland finanziell weniger leisten als erwartet. In der Konsequenz müssen die Befragten deutlich Verzicht üben. Am stärksten ist dies beim Auto der Fall (69 Prozent), gefolgt von Fernreisen (65 Prozent), selbst Reisen innerhalb Europas sind für 60 Prozent nicht mehr so möglich wie zu Erwerbszeiten.
Bei der Bewertung des Verzichts liegen Frauen und Männer teils deutlich auseinander: Männern fällt der Verzicht auf ein Auto in derselben Preisklasse wie im Erwerbsleben am schwersten (13 Prozent, bei Frauen sind es nur vier Prozent). Den Frauen fällt es am schwersten, auf Unternehmungen mit Enkeln und der Familie zu verzichten (16 Prozent, sowie 10 Prozent der Männer).
Pessimistischer Blick in die Zukunft, doch glücklich im Ruhestand
Insgesamt geht die Hälfte der Befragten davon aus, dass sie den jetzigen Lebensstand – der gegenüber dem Erwerbsleben ohnehin schon oft reduziert ist – in Zukunft noch weiter einschränken müssen. Am pessimistischsten blicken Frauen und Selbstständige in die Zukunft: Bei den Frauen sind es 53 Prozent, bei den Männern 48 Prozent. Bei den Selbstständigen gehen ebenfalls 54 Prozent von einem schlechteren Lebensstandard in der Zukunft aus, bei den Angestellten sind es mit 52 Prozent fast ebenso viele, bei den Beamten lediglich 28 Prozent.
Trotz der herausfordernden Umstände sind 64 Prozent aller Befragten überwiegend glücklich damit, im Ruhestand zu sein. Bei gut einem Viertel (26 Prozent) schwankt dies, und lediglich sechs Prozent sind weniger glücklich oder unglücklich.