Umfrage: Riester-Debatte befördert Vorsorge-Verdruss

Die Debatte über die Riester-Rente hat die Deutschen verunsichert. Im Gedächtnis geblieben sind den Bürgern eine vermeintlich geringe Rendite (27 Prozent der Befragten), gefolgt von hohen Gebühren und Provisionen. Das ergab eine Forsa-Umfrage im Auftrag der Fondsgesellschaft Union Investment.

Von den insgesamt 500 befragten Deutschen im Alter von 20 bis 59 Jahren, die mindestens eine Geldanlage besitzen, gaben 44 Prozent an, negative Berichte über die Riester-Rente gelesen oder gesehen zu haben. Doch insbesondere bei der jüngsten Altersgruppe zwischen 20 und 29 Jahren können sich nur acht Prozent an Vorwürfe bei bestimmten Riester-Produkten erinnern. Bei den 50- bis 59-Jährigen sind es hingegen 20 Prozent.

Die Kritik an einzelnen Riester-Produkten, hauptsächlich Versicherungen, werde von 80 Prozent der Befragten als Pauschal-Kritik an allen Formen der Riester-Rente wahrgenommen, fasst Wolfram Erling, Leiter Zukunftsvorsorge bei Union Investment, zusammen. Eine Unterscheidung nach Produktgattungen oder teuren und günstigen Angeboten finde nicht statt, so Erling.

Riester-Image auf Niveau der gesetzlichen Rente, aber Absage an verpflichtende staatliche Zusatzrente

Weiter ergab die Umfrage, dass die Befragten die Riester-Rente nur für geringfügig sicherer halten als die gesetzliche Rente, die von der großen Mehrheit als besonders unsicher empfunden wird. Die von manchen Riester-Kritikern vorgeschlagenen staatlichen Zusatzvorsorge kann davon allerdings kaum profitieren: 60 Prozent der Befragten bewerten solch ein System schlechter als die bisherige Regelung einer freiwilligen Altersvorsorge. Nur 36 Prozent sind für eine verpflichtende Zusatzrente. Auch die Frage, ob die Altersarmut durch eine vom Staat verwaltete Lösung wirksam eingedämmt werden kann, verneinen dies zwei Drittel (67 Prozent), 29 Prozent stimmen hingegen zu.

Jeder dritte Geringverdiener setzt lieber auf Konsum

Wie tief die Verunsicherung über ein funktionierendes Rentensystem ist, zeigt sich laut Union Investment bei den Menschen mit einem Haushaltsnettoeinkommen von weniger als 1.300 Euro pro Monat. In dieser Gruppe gibt knapp die Hälfte (43 Prozent) an, über keine zusätzliche Altersvorsorge zu verfügen. Als Grund dafür gibt mehr als jeder Dritte (33 Prozent) an, dass er das Geld lieber sofort ausgeben würde, als für eine unsichere Zukunft zu sparen. Diese Einstellung sei bedauerlich, so Erling, da die Riester-Rente mit ihrer Förderung gerade Menschen mit einem geringen Einkommen besonders stark unterstütze.

Junge Menschen wenden sich von privater Vorsorge ab

Die Debatte, welches Vorsorgesystem das geeignetste ist, scheint sich auch auf die Bereitschaft der Menschen auszuwirken, sich mit der privaten Altersvorsorge auseinanderzusetzen. Zu Beginn der Befragung im dritten Quartal 2007 sahen noch 75 Prozent der Befragten die Notwendigkeit, sich mit der privaten Vorsorge zu beschäftigen. Seitdem fiel der Wert kontinuierlich auf aktuell 65 Prozent. Besonders stark sei der Trend bei den 20- bis 29-Jährigen zu beobachten, heißt es. In dieser Altersgruppe fiel die Quote im gleichen Zeitraum von 86 Prozent auf nun 52 Prozent, was der schlechteste Wert seit der Erhebung ist.

„Auch wenn das Thema Altersvorsorge zäh erscheint, kann es doch gerade vor dem Hintergrund der zurückgehenden staatlichen Leistungen teilweise existentiell werden. Gerade für junge Menschen gilt: Wer heute den Kopf in den Sand steckt, darf sich nicht wundern, wenn er morgen mit den Zähnen knirscht“, warnt Erling und betont zugleich: „Mit einer guten Riester-Rente kann man ein großes Polster für die Rentenzeit aufbauen.“

Nach Meinung des Union-Investment-Managers sieht dies auch die Stiftung Warentest so: „Fondssparpläne, Banksparpläne, Rentenversicherung oder Baudarlehen: Kaum ein Produkt ist so vielfältig wie die Riester-Rente. Doch in jeder Produktkategorie gibt es gute und schlechte Angebote. Daher sollte sich der Anleger vorher informieren“, so Erling.

Grünen-Studie kritisiert „ineffiziente“ Riester-Verträge

Zuletzt hat ein Gutachten des Bamberger Finanzwissenschaftlers Professor Dr. Andreas Oehler für Aufsehen gesorgt, in dem der jährliche Schaden für die Verbraucher durch „ineffiziente“ Riester-Verträge auf mindestens eine Milliarde Euro beziffert wurde. Die Studie, die Oehler im Auftrag der Grünen-Bundestagfraktion erstellt hatte, basiert aus zuvor veröffentlichten Studien – zumeist von der Stiftung Warentest, für die Oehler im Verwaltungsrat tätig ist. Die Versicherungswirtschaft kritisierte das Gutachten scharf, da dies auf „falschen Annahmen“ beruhen würde.

Der Wissenschaftler zitiert darin unter anderem eine Analyse der Stiftung Warentest, die im vergangenen Jahr angesichts des zehnjährigen Jubiläums der „Riester“-Produkte veröffentlicht wurde. Darin heißt es: „Die größten Schwachstellen sind das komplizierte Zulagenverfahren, die vielen Vermittler, die Sparern unpassende Produkte verkaufen sowie der Umstand, dass ausgerechnet Geringverdiener bisher kaum von der staatlich geförderten Vorsorge profitieren.“ (lk)

Foto: Shutterstock

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