So mancher Mittelständler wird womöglich zum ersten Mal gezwungen sein, sich systematisch mit den Risiken seines Geschäftsmodells auseinander zu setzen. Grund hierfür ist, dass die EU-Mitgliedstaaten die so genannte CSR-Richtlinie umsetzen müssen.
Gastbeitrag von Nicolas Kemper, LKC Kemper Czarske v. Gronau Berz
Die Wahrscheinlichkeitsverteilung, mit der sich die Risikoforschung befasst, sieht seit Längerem das Ende der Gaußschen Normalverteilung. Deutlich mehr Risiken als angenommen weisen demnach eine höhere Wahrscheinlichkeit auf. Die letzten Monate scheinen diese statistische Berechnung zu bekräftigen.
EU: Unternehmen sollen ihre Risiken in Zukunft besser beherrschen können
Nach Griechenland-Krise, Konjunktureinbruch in China, Embargo gegen Russland, Terror in Paris, Syrienkrieg, Flüchtlingschaos und EU-Streit kommt nun mit einer neuen drohenden Bankenkrise die nächste Hiobsbotschaft für Märkte und Unternehmen.
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Und so ist vielleicht gerade jetzt der richtige Zeitpunkt, dass die EU-Mitgliedstaaten die so genannte CSR-Richtlinie umsetzen müssen. Ab 2017 sind insbesondere börsennotierte Unternehmen, Banken und Versicherungsunternehmen verpflichtet, in ihren Rechenschaftsberichten nichtfinanzielle Informationen über Strategien und Risiken offen zu legen. Die neue Richtlinie will explizit erreichen, dass Unternehmen ihre Risiken in Zukunft besser erkennen und beherrschen können.
Die Risiken, über die es zu berichten gilt, sind deshalb breit gefächert. Sie sollen zugleich nach Ausmaß und Intensität beurteilt werden. Risiken können unmittelbar aus den eigenen Tätigkeiten des Unternehmens herrühren oder mit der Geschäftstätigkeit, den Erzeugnissen, Dienstleistungen und Geschäftsbeziehungen, einschließlich der Lieferkette und der Kette von Subunternehmern, in welcher Form auch immer, verknüpft sein.
Mit den Risiken auseinandersetzen – nicht nur pro forma abarbeiten
Insbesondere international tätige Unternehmen sollten diese neue Berichtspflicht nicht nur pro forma abarbeiten. Sie sollten sie zum Anlass nehmen, das eigene Risikomanagement grundlegend zu überprüfen und einem Stresstest zu unterziehen. Dabei zeigt der Hinweis auf die Lieferkette, dass auch kleine und mittlere Unternehmen zumindest indirekt betroffen sein werden. Natürlich sollte sich, wie immer bei zusätzlichen Berichtspflichten, der Aufwand in Grenzen halten, aber in diesem Fall ist es der richtige Impuls zum richtigen Zeitpunkt. So mancher Mittelständler wird womöglich zum ersten Mal gezwungen sein, sich systematisch mit den Risiken seines Geschäftsmodells auseinander zu setzen.