Herr Annabrunner, seit Anfang April sind Sie auch Mitglied der Geschäftsleitung der BHW Bausparkasse. Was waren für Sie persönlich die Gründe für diesen Schritt?
Annabrunner: Die Motivation, das zu tun, ist relativ einfach beschrieben. Ich bin persönlich davon überzeugt, dass das Kooperations- oder Partnergeschäft – je nachdem, ob wir BHW- oder die DSL Bank Seite fokussieren – weiter wächst, am Ende in jeder Marke des Konzerns. Und dies nun für die DSL Bank und BHW zu orchestrieren, macht für uns als Partner, aber auch für uns als Unternehmen Sinn und bringt aus meiner Sicht zusätzlichen Schwung in diesen Vertriebsweg.
Abgesehen davon arbeiten wir als DSL Bank auch schon über viele Jahre mit BHW eng zusammen. Beispielsweise hat die DSL Bank in den letzten Jahren primär das Bausparprodukt in Kombination mit der DSL Baufinanzierung im Angebot. Wir arbeiten also bereits lange intensiv und gut zusammen. Insofern wächst zusammen, was schon lange faktisch zusammengehört.
Inwieweit hat sich die Rolle der BHW Bausparkasse im Verbund der Deutschen Bank verändert bzw. weiterentwickelt?
Annabrunner: BHW war und ist Spezialist für Baufinanzierung im Konzern der Deutschen Bank – in der Doppelrolle als Kreditgeber und Bausparanbieter. BHW ist die zweitgrößte Bausparkasse in Deutschland und tief im Eigenvertrieb verankert. Nicht nur aus Marktsicht, sondern auch mit ihrer Rolle und Aufgabe im Konzern ist BHW im Endkundengeschäft eine sehr wertvolle Marke.
Dennoch fokussiert sich BHW nicht allein auf das Bauspargeschäft, sondern vertreibt auch Baufinanzierungen; nicht zuletzt aufgrund der aktuell sehr positiven Rahmenbedingungen durch das Niedrigzinsumfeld. Die DSL Bank hat beispielsweise allein 2020 rund 1,8 Milliarden Euro Bausparvolumen an BHW vermittelt.
Der Fokus liegt dabei eindeutig auf der Produktkombination Baufinanzierung und Bausparen. Das wollen wir natürlich weiter ausbauen, zumal die Marke BHW beim Endkunden deutlich bekannter ist, als etwa die Marke DSL Bank.
In welchem Umfang profitieren Kunden und Vertriebspartner von einer Bündelung der Aktivitäten?
Annabrunner: Wir wollen in beiden Marken weiter wachsen. Uns geht es um das Orchestrieren und nicht darum, dass eine Marke vom Markt verschwindet. Davon werden langfristig werden beide Seiten profitieren. Im klassischen Kooperationsgeschäft BHW und DSL Bank hat sich Einkaufsverhalten unserer Partner verändert. Dem wollen wir mit auf prozessualer und technischer Seite Rechnung tragen.
Unsere Partner werden perspektivisch nur noch einen Ansprechpartner für alle Marken und Produkte aus unserem Haus haben. Dagegen geht es bei unseren internen Vertrieben, also dem mobilen Vertrieb der Deutschen Bank und die Postbank Finanzberatung im Wesentlichen darum, Funktionen und technische Features zugänglich zu machen und in die Nutzung durch die Partner zu bekommen.
Die Veränderungen, die sich durch die Bündelung der Aktivitäten ergeben, werden besonders die Vertriebs- oder der Kooperationspartner wahrnehmen, weniger der Endkunde.
Sie übernehmen die Verantwortung für das neue Ressort „Kooperations- und Plattformgeschäft/Digitalisierung“. Was verbirgt sich dahinter?
Annabrunner: Blickt man auf das Geschäftsmodell, dann erfolgt das Thema Digitalisierung an enorm vielen verschiedenen Stellen in der Bank, aber auch im Markt. Schlussendlich können wir aber noch so digital sein, wenn der Partner oder der Kunde es nicht ist, bringt uns das auch nicht weiter. Die Erwartungshaltung in diesem Punkt ist manchmal sehr unterschiedlich. Darauf wollen wir eingehen.
Da ich das Partnergeschäft im Konzern seit vielen Jahren verantworte und das auch weiterhin tun werde, reicht mein Kontakt natürlich zu mehr oder weniger allen wichtigen Personen in dieser Prozesskette. Es geht also primär um die Bündelung der Tätigkeiten, über das Plattformgeschäft bis hin zu den Schwerpunktthemen, bei denen uns die Digitalisierung enorm hilft.
Wie sehen die Schwerpunktthemen konkret aus?
Annabrunner: Beim Kooperationsgeschäft ist das Schwerpunktthema, die Marken zu bündeln und über einen Key Accounter sauber zu adressieren, zu begleiten und zu betreuen. Das steckt schlussendlich hinter der Funktionalität im Kooperationsgeschäft. Beim Plattformgeschäft geht es darum zu erkennen, ob wir dort wirklich optimal aufgestellt sind, sodass unsere Partner uns aufgrund des Preises und des Prozesses auch finden.
Das ist praktisch eine Kombination aus Plattformgeschäft und Digitalisierung. Das sind die Schwerpunkte, und wir sind überzeugt, dass durch diese Optionen und durch Betreuungsveränderung oder auch -ausweitung in den Marken ein wechselseitiges Befruchten stattfindet.
Welche Ziele haben Sie sich für die ersten zwölf Monate gesteckt?
Annabrunner: Auf der Vertriebsseite wollen wir im Kooperationsgeschäft auf jeden Fall weiter wachsen. Wir sehen einen klaren Trend in Bezug auf die Kundennachfrage, die Prozesse und die Abläufe. Auf der einen Seite wollen wir natürlich Bewährtes erhalten, dazu zählen auch die guten bestehenden Kontakte.
Auf der anderen Seite wollen wir, je nachdem wie sinnvoll es für den jeweiligen Vertriebsweg ist, drei, vier digitale Features in die Nutzung bringen. Und schließlich geht es darum – aber das ist sicher noch kein Thema für die ersten sechs bis zwölf Monate – die Strategie „One Face to the Customer“ zu verwirklichen und zwar markenübergreifend und für jeden Kooperationspartner.
Noch eine Frage zum aktuellen Marktgeschehen. Etwas mehr als ein Jahr Corona liegen hinter uns. Wie hat sich das Geschäft der DSL Bank in diesem Zeitraum entwickelt? Wie haben Ihre Vertriebspartner die neue Situation in der Nachbetrachtung bewältigt?
Annabrunner: Schaut man auf 2020 und die ersten Monate dieses Jahres, war es eine sehr spannende, aber auch produktive Zeit. Die Nutzung der digitalen Prozesse und Tools war für unsere Partner ein echter Erfolgsfaktor in Sachen Beratung und Abschluss. Hätten wir in dieser Zeit klassisch Vertrieb gemacht, hätten wir vermutlich drei Jahre gebraucht, um denselben Umsatz zu realisieren.
Und da auch immer mehr Kunden technikaffin sind, war der Einsatz von Videoberatung und digitalen Abschlussmöglichkeiten ein echter Mehrwert. Und um mal eine Zahl zu nennen, früher kamen die Unterlagen zu etwa 30 Prozent digital an, heute ist es die Ausnahme, wenn sie mal nicht digital bei uns eintreffen.
Da hat sich in den letzten zwölf Monaten viel getan und im Vergleich zu dem einen oder anderen Regionalkreditinstitut haben wir so deutlich punkten können. Deshalb war ich sehr froh, dass wir sehr frühzeitig auf diese technische Weiterentwicklung gesetzt haben.
Trotz der schwierigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in Deutschland aufgrund der Pandemie, worauf führen Sie denn das sehr gute Jahr zurück?
Annabrunner: Fakt ist, durch Corona fehlt vielen Menschen schlicht die Möglichkeit zum Konsum. Und das spiegelt sich am Montasende in einem deutlichen Plus auf dem Konto wider. Anlagealternativen fehlen, die Zinssituation tut ihr Übriges. Das heißt, die Nachfrage nach Immobilien ist nicht eingebrochen, sondern hat sich lediglich verändert – je nachdem ob wir in die Hotspots oder in die Fläche schauen.
Zusätzlich hat uns auch das Thema Homeoffice unterstützt. Nicht wenige Menschen haben darüber nachgedacht, ob es wirklich erstrebenswert ist, in Hamburg-City in der Zweizimmerwohnung oder im Hamburger Umland in der Vierzimmerwohnung zu wohnen. Der Wunsch nach mehr Wohnraum im Grünen hat die Nachfrage und auch die Preise in den Randlagen und Speckgürteln weiter befeuert. Und trotz Kurzarbeit, das eigene Zuhause wird erst dann in Frage gestellt, wenn alles andere an Konsum gestrichen wurde.
Das Gespräch führte Frank O. Milewski, Cash.